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Forschung aktuell: Von Monopolisten und Ballungsräumen
Der US-Ökonom Paul Krugman ist bekannt für seine zahlreichen, häufig langen und scharfzüngigen Online- Kommentare ("Blogs") auf der Website der "New York Times", in denen er die Wirtschaftspolitik der Regierung Bush heftig zu attackieren pflegt. Nur unter dem Datum vom 13. Oktober gibt er sich ungewöhnlich wortkarg. "Heute Morgen ist mir etwas Komisches passiert", schreibt er lakonisch und lässt es bei einem Verweis auf eine Website der schwedischen Reichsbank bewenden. In der Tat: So ein Wirtschaftsnobelpreis kann einem schon die Sprache verschlagen. Tags darauf ist der frischgebackene Laureat aber schon wieder bei anderen Themen – die globale Finanzkrise bietet den Angehörigen seiner Profession derzeit ja jede Menge Stoff.
Der Preisträger ist nicht nur politisch exponiert, sondern für Nobel-Verhältnisse auch ungewöhnlich jung. Seinem zarten Alter von 55 Jahren zum Trotz hat er es allerdings bereits zu hohen akademischen Würden an der Yale University, dem Massachusetts Institute of Technology und der Stanford sowie der Princeton University gebracht. Außerdem durfte er sich 1982/ 1983 zu den Wirtschaftsberatern von Präsident Ronald Reagan zählen – was für den erklärten Anhänger des Wohlfahrtsstaats einem längeren Ausflug in Feindesland gleichkam. Immerhin hatte man für seine Begabung, wirtschaftliche Verhältnisse in einfachen Worten zu erklären, reichlich Verwendung; der größte Teil des "Economic Report of the President" von 1983 stammt aus seiner Feder.
Im Wahlkampf 1992 engagierte er sich intensiv für Bill Clinton und wurde schon als dessen künftiger wirtschaftlicher Chefberater gehandelt; aber als Präsident zog Clinton die Leute vor, die Krugman laut seinen autobiografischen Notizen "Incidents from my career" zu Reagans Zeiten bereits als zweitklassig beschimpft hatte. Da blieb ihm nichts übrig, als sich wieder der Forschung zuzuwenden.
Vielseitig und vor allem respektlos – das gilt nicht nur für Krugmans politische Aktivität, sondern auch für seine wissenschaftliche Arbeit. Selbst das, was man als ein Hauptthema unter seinen vielen Forschungsgebieten ausmachen kann, erhält von ihm einen etwas rebellischen Namen: increasing returns im Gegensatz zu den diminishing returns, die in den Lehrbüchern viel häufiger vorkommen und in der deutschen Literatur unter der marxschen Bezeichnung "Gesetz der fallenden Profitrate" geläufig sind. Dabei sind die "wachsenden Profite" weder neu noch etwas Besonderes, sondern ein typisches Phänomen der Massenproduktion. Der Hersteller muss sehr viel Aufwand treiben, bis er das erste Stück seiner Ware produzieren kann; jedes weitere Exemplar kostet ihn dann relativ wenig. Die Gewinnmarge steigt also mit den Verkaufszahlen. Extrembeispiele sind Computerchips und Software.
Ihrer Allgegenwart zum Trotz wurden die increasing returns von den Wirtschaftswissenschaftlern eher stiefmütterlich behandelt, weil ihre Folgen theoretisch schwer zu fassen sind. Die klassische Ökonomie lebt vom Konzept des Gleichgewichts. Treffen sich auf einem Markt mehrere Anbieter und Interessenten für dieselbe Ware, stellt sich ein Gleichgewichtspreis ein. Dieser hängt nur von den gegenwärtigen Zuständen der Marktteilnehmer ab, während die Vergangenheit praktisch keine Rolle spielt. Wenn jedoch increasing returns das Wirtschaftsgeschehen dominieren, bricht das Gleichgewichtskonzept zusammen, weil es keine Konkurrenten mehr gibt.
Wegen der hohen Kosten für den Markteintritt hat ein Newcomer gegen einen etablierten Hersteller keine Chance. Mehr Wohlstand bei größerem Wirtschaftsraum Krugman gelang es, über die – altbekannte – Kritik an der klassischen Theorie hinauszugehen, indem er als Alternativentwurf ein mathematisches Modell ausarbeitete. Jeder Anbieter ist für die von ihm hergestellte Ware Monopolist und setzt deren Preis so fest, dass er seinen Gewinn maximiert. Die Preise wachsen nur deswegen nicht in den Himmel, weil der Interessent auf den Kauf auch verzichten kann. Vor allem sind ihm zwei Exemplare derselben Ware nicht doppelt so viel wert wie ein einziges, sondern deutlich weniger ...
Der Preisträger ist nicht nur politisch exponiert, sondern für Nobel-Verhältnisse auch ungewöhnlich jung. Seinem zarten Alter von 55 Jahren zum Trotz hat er es allerdings bereits zu hohen akademischen Würden an der Yale University, dem Massachusetts Institute of Technology und der Stanford sowie der Princeton University gebracht. Außerdem durfte er sich 1982/ 1983 zu den Wirtschaftsberatern von Präsident Ronald Reagan zählen – was für den erklärten Anhänger des Wohlfahrtsstaats einem längeren Ausflug in Feindesland gleichkam. Immerhin hatte man für seine Begabung, wirtschaftliche Verhältnisse in einfachen Worten zu erklären, reichlich Verwendung; der größte Teil des "Economic Report of the President" von 1983 stammt aus seiner Feder.
Im Wahlkampf 1992 engagierte er sich intensiv für Bill Clinton und wurde schon als dessen künftiger wirtschaftlicher Chefberater gehandelt; aber als Präsident zog Clinton die Leute vor, die Krugman laut seinen autobiografischen Notizen "Incidents from my career" zu Reagans Zeiten bereits als zweitklassig beschimpft hatte. Da blieb ihm nichts übrig, als sich wieder der Forschung zuzuwenden.
Vielseitig und vor allem respektlos – das gilt nicht nur für Krugmans politische Aktivität, sondern auch für seine wissenschaftliche Arbeit. Selbst das, was man als ein Hauptthema unter seinen vielen Forschungsgebieten ausmachen kann, erhält von ihm einen etwas rebellischen Namen: increasing returns im Gegensatz zu den diminishing returns, die in den Lehrbüchern viel häufiger vorkommen und in der deutschen Literatur unter der marxschen Bezeichnung "Gesetz der fallenden Profitrate" geläufig sind. Dabei sind die "wachsenden Profite" weder neu noch etwas Besonderes, sondern ein typisches Phänomen der Massenproduktion. Der Hersteller muss sehr viel Aufwand treiben, bis er das erste Stück seiner Ware produzieren kann; jedes weitere Exemplar kostet ihn dann relativ wenig. Die Gewinnmarge steigt also mit den Verkaufszahlen. Extrembeispiele sind Computerchips und Software.
Ihrer Allgegenwart zum Trotz wurden die increasing returns von den Wirtschaftswissenschaftlern eher stiefmütterlich behandelt, weil ihre Folgen theoretisch schwer zu fassen sind. Die klassische Ökonomie lebt vom Konzept des Gleichgewichts. Treffen sich auf einem Markt mehrere Anbieter und Interessenten für dieselbe Ware, stellt sich ein Gleichgewichtspreis ein. Dieser hängt nur von den gegenwärtigen Zuständen der Marktteilnehmer ab, während die Vergangenheit praktisch keine Rolle spielt. Wenn jedoch increasing returns das Wirtschaftsgeschehen dominieren, bricht das Gleichgewichtskonzept zusammen, weil es keine Konkurrenten mehr gibt.
Wegen der hohen Kosten für den Markteintritt hat ein Newcomer gegen einen etablierten Hersteller keine Chance. Mehr Wohlstand bei größerem Wirtschaftsraum Krugman gelang es, über die – altbekannte – Kritik an der klassischen Theorie hinauszugehen, indem er als Alternativentwurf ein mathematisches Modell ausarbeitete. Jeder Anbieter ist für die von ihm hergestellte Ware Monopolist und setzt deren Preis so fest, dass er seinen Gewinn maximiert. Die Preise wachsen nur deswegen nicht in den Himmel, weil der Interessent auf den Kauf auch verzichten kann. Vor allem sind ihm zwei Exemplare derselben Ware nicht doppelt so viel wert wie ein einziges, sondern deutlich weniger ...
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