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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1947

In London fand die erste Tagung der Spitzenorganisation der Wissenschaftlichen Gesellschaften nach dem Kriege statt. In der Schlußsitzung wurde folgendes bemerkenswertes Kommuniqué beschlossen: "Die Förderung der Wohlfahrt der Menschen, der kluge Gebrauch unserer natürlichen Hilfsquellen, die Beseitigung der Ursachen der politischen Streitigkeiten durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu unterstützen ist das Ziel, dem die Arbeit der Wissenschaft mit aller Kraft gelten soll. Von den gleichen Entdeckungen, die die größte Bedrohung des Menschen bedeuten, kann auch der größte Nutzen für die Menschheit ausgehen. Die Tagung erklärt im Namen der Wissenschaftler aller vertretenen Nationen, daß die Forscher entschlossen sind, an der Erhaltung des Geistes der Freiheit, Rechtschaffenheit und Zusammenarbeit sowie für eine internationale Verständigung zu arbei-ten, die Entwicklung der Wissenschaft auf einen segensreichen Weg für die Menschheit zu bringen und ihren Einfluß so weit als möglich geltend zu machen, jedem Unglück vorzubeugen, der Gemeinschaft nicht nur mit ihrer speziellen Arbeit zu dienen, sondern so weit als möglich die Öffentlichkeit über Zweck und Wert der Wissenschaft zu unterrichten". (Orion, 2. Jg., Heft 3, Seite 133)

ENIAC. J. P. Eckert und J. Mauchly haben an der Moore School der Pennsylvania-Universität, Philadelphia, eine neue Rechenmaschine entwickelt, genannt ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Computor). ENIAC arbeitet im Rechenprinzip wie die bekannten Maschinen dieser Gattung, jedoch werden die einzelnen Ziffern durch Stromstöße aus einem Impulsgenerator dargestellt. Alle mechanisch arbeitenden Teile fallen weg. Die Impulse im Abstand von 10 Mikrosec. sperren bzw. entsperren als Relais dienende Elektronenröhren (Doppeltrioden), von denen je 10 für die 10 Ziffern jeder Dezimale in einem "Zählring" zusammengeschaltet sind. Es arbeitet jeweils nur eine Röhre, die die betr. Ziffern kennzeichnet, während alle anderen gesperrt sind. Ein Impuls schaltet auf die nächste Röhre; nach je 10 Impulsen wird der Zählring der nächst höheren Dezimale um eine Röhre weitergeschaltet (Zehnerübertragung). (Physikalische Blätter, 3. Jg,. Heft 3, 1947, Seite 81)

Gleichberechtigung. Der Senat der Universität Cambridge diskutierte die Zulassung von Frauen als vollberechtigte Mitglieder der Universität. Es wurde ein Beschluß gefaßt, der eine Gleichberechtigung der Frauen an der Universität empfiehlt. Gegenwärtig haben Frauen in Universitätsangelegenheiten keine Stimme; auch wird ihnen kein voller akademischer Grad zuerkannt, obwohl sie bereits zwei Lehrstühle und mehrere Lektorate inne haben. Nur die Titel akademischer Grade können ihnen verliehen werden, jedoch nicht die Rechte. Vor 50 Jahren wurde dieses Problem zum ersten Mal in Cambridge diskutiert, aber zu Ungunsten der Rechte der Frauen entschieden. Jetzt zweifelt man nicht daran, daß die Frauen akademische Rechte erhalten werden. (Universitas, 2. Jg., Heft 3, März 1947, Seite 361)

1897

Die zur Erzeugung von Röntgenstrahlen verwendeten Vakuumröhren werden bekanntlich in Folge der während des Gebrauchs im Entladungsrohr stattfindenden Druckänderungen allmählig unwirksam... Dieser Fehler der gewöhnlichen Röntgenröhren wird in der einfachsten Weise durch die neue der Firma Siemens & Halske gesetzlich geschützte Röntgenlampe mit regulirbarem Vakuum gehoben, die den Vortheil bietet, dass während des Gebrauchs der Luftdruck im Entladungsrohr stets genau auf die Höhe eingestellt werden kann, bei der sich die intensivste Bestrahlung und die schärfsten Bilder ergeben. Das Mittel zur Verminderung des Luftdruckes ergab sich aus der Beobachtung, dass die beim Stromdurchgange leuchtende Luft mit den Dämpfen des Phosphors, Jods und ähnlicher Stoffe feste Körper bildet, während eine Zunahme des Druckes durch Erwärmen der Rohrwandung und Vertreiben der an der Glasfläche verdichteten Luftschicht erreicht werden kann. (Central-Zeitung für Optik und Mechanik, XVIII. Jg., No. 6, Seite 53)

Vulkankaninchen. Herr C. H. Merriam beschreibt ein sehr merkwürdiges kleines, kurzohriges, schwanzloses Kaninchen, das jüngst auf dem Berge Popocatepetl in Mexico in einer Höhe von etwa 10000 Fuss entdeckt worden ist. Dieses sonderbare Thier, das, statt sich sprungweise fortzubewegen wie ein gewöhnliches Kaninchen, auf allen vier Beinen in dem Grase des Gebirges umherläuft, wurde von Herrn Merriam Romerolagus nelsoni genannt. Die Schlüsselbeine dieser neuen Form sind vollständig und nicht unvollkommen wie gewöhnlich in der Familie der Leporiden. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XII. Jg., Nr. 12, 27. März 1897, Seite 156)

Thaumatographie. Ein Blumen-Arrangement etwa, bestehend aus sich schnell entwickelnden Pflanzen, wurde in Zwischenräumen von 45 Sekunden in circa 2000 Aufnahmen fixirt. Der lichtempfindliche Streifen musste also alle Stadien aufnehmen, welche die Blumen in circa 25 Stunden durchmachten. Wird nun dieser Bilderstreifen mittelst des Projektions-Thaumatographen vorgeführt, so sehen wir den Vorgang, der sich in 25 Stunden abgespielt hat, auf dem Projektionsschirm in ca. 11/2 Minuten, also in eintausendstel der Zeit vor Augen geführt. In ähnlicher Weise werden der Fortgang in der Entwickelung von Infusorien, Insekten, Fischen oder dergl., die Vermehrung der Bakterien, die Bildung der Krystalle, die Protuberanzen der Sonne u. s. f. durch den neu konstruirten Thaumatographen fixirt und nach Anfertigung solcher Thaumatographieen lassen sich die Bilder ganz nach Wunsch im langsamen oder raschen Tempo vor den Augen des Beschauers mit wahrer Lebendigkeit projiziren. (Hannoversches Gewerbeblatt, Nr. 6, 15. März 1897, Seite 45)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 1997, Seite 125
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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