Vor fünfzig und vor hundert Jahren
1947
Aber auf der anderen Seite steht die Atombombe. Hier-zu zitierte Prof. Hahn mit etwas Skepsis die Ausführungen eines amerikanischen Atomwissenschaftlers, der glaubt, daß die Atombombe die Menschen zu dauerndem Frieden und Eintracht zwingt, da sie nicht den vollkommenen Untergang wählen werden. Ist die Atombombe heute doch schon so weit entwickelt, daß eine einzige genügen würde, um z. B. große Teile von Neuyork zu zerstören und unbewohnbar zu machen. (Physikalische Blätter, 3. Jg., Heft 6, 1947, Seite 187)
Neuer vorgeschichtlicher Schädelfund. Wie aus Prätoria gemeldet wird, stieß der Anthropologe und Paläontologe Dr. Robert Broom bei Sterkfontein nach Sprengungen in Kalksteinablagerungen auf den gut erhaltenen Schädel eines Affenmenschen... Dr. Broom berichtet, die Hirnhöhle sei verhältnismäßig klein. Es soll sich um einen weiblichen Schä-del handeln, der ungefähr derselben Zeit angehöre wie der des Sterkfonteinmenschen, der seinerzeit in anthropologischen Kreisen so großes Aufsehen erregte. Der neue Schädel sei um vieles wertvoller als der alte, weil er ganz erhalten ist; der alte Sterkfonteinschädel wurde in Bruckstücken gefunden und mußte zusammengesetzt werden. "Das Gesicht wurde genügend freigelegt", sagt Dr. Broom, "um erkennen zu lassen, daß es sich – vom kleinen Gehirninhalt abgesehen – um ein erstaunlich menschenähnliches Antlitz handelt. Die Augenhöhlen sind groß und rund, die Augenbrauenwülste geschwungen und überhängend, die Backenknochen breit und die Vorderseite des Kiefers vorspringend, aber nicht stärker als es sonst bei Menschen der Fall zu sein pflegt. Die Schädelhöhle ist klein und faßt wahrscheinlich nicht mehr als 400 Kubikzentimeter. Der Schädelbau weist eine ganze Reihe typisch menschlicher und nicht menschenaffenähnlicher Merkmale auf." (Kosmos, Heft 6, Juni 1947, Seite 202)
Zwei neue Blutkomponenten. Auf der Märzversammlung der "Chemical Society" in Washington D.C. (USA) gab Dr. Cohn bekannt, daß ihm die Entdeckung zweier neuer Bestandteile des Blutplasmas gelungen ist. Bisher waren bekannt und isoliert: Serum-Albumin, Gammaglobulin, Thrombin, Fibrinogen, Isoagglutinin und Alphaglobulin. Die eine neue Komponente wird als Beta-I-globulin (auch Fraktion IV-7) bezeichnet, geht mit Eisen oder Kupfer Anlagerungsverbindungen ein und kann daher zum Transport dieser für den Organismus wichtigen Elemente innerhalb des Körpers benutzt werden. Die zweite Komponente ist ein neues Serum-Albumin, noch ohne eigene Bezeichnung. (Orion, 2. Jg., Heft 6, 1947, Seite 309)
1897
Das innerhalb des Weichbildes der Stadt Paris der Seine entnommene Wasser wird nach der Anderson'schen Methode mit metallischem Eisen gereinigt. Zur Reinigung von 4000 cbm Wasser in 24 Stunden werden 2000 kg Eisen eingelegt. Die Menge des gelösten Eisens beträgt etwa 1-2 mg für jedes Liter Wasser. Das sich bildende Eisenhydrat oxydiert weiter und schlägt sich nieder. Das ablaufende Wasser wird dann noch in Sandfiltern mit 165 -210 mm stündlicher Filtrationsgeschwindigkeit gereinigt, so daß es keine Spur von Eisen mehr enthält. Die organischen Teile werden dabei gewissermaßen an den gelatinösen Niederschlag gebunden, der sich in den Klärbassins oder auf der Filterfläche absetzt und der alle im Wasser enthaltenen Keimen an sich zieht bezw. einhüllt. (Gesundheits-Ingenieur. 20. Jg., No. 12, 30. Juni 1897, Seite 198)
Eine neue epochemachende Kraftmaschine, die für die weitere Entwicklung der Technik von unabsehbarer Bedeutung sein wird, ist nach dem Urteile berufener Fachleute der neue Wärme-Motor des Ingenieurs Rudolf Diesel in München, der kürzlich in der Maschinenfabrik Augsburg einem kleinen Kreise von Interessenten vorgeführt wurde. Die Bedeutung des neuen Motors liegt in dem hohen Nutzeffekt, der 26-27 % beträgt... Auch der Diesel'sche Motor ist eine Verbrennungsmaschine, aber Entzündung und Verbrennung erfolgen hier unter ganz eigenartigen Umständen, die eben, in Übereinstimmung mit den Forderungen der Theorie, eine viel bessere Ausnutzung des Brennmaterials ermöglichen. Das Brennmaterial, das der Maschine in ganz kleinen, genau regulierbaren Mengen während eines Teils des Kolbenhubes zugeführt wird, verbrennt nämlich von selbst dadurch, dass es im Arbeitscylinder in Berührung mit Luft kommt, die vorher von der Maschine selbst auf mechanische Weise so stark komprimiert wurde, dass sie in glühenden Zustand versetzt ist, ehe überhaupt eine Verbrennung begonnen hat. Der Verbrennungsprozess besteht hier in keiner Explosion, sondern in einer allmählich erfolgenden Verbrennung, welche die Luft sanft ausdehnt und hierdurch den Kolben antreibt; diese Verbrennung bleibt sich nicht selbst überlassen, sondern wird durch steuernden Einfluss von aussen auf eine bestimmte, vorteilhafte Weise geleitet. (Die Umschau, 1. Jg., No 23, 1897, Seite 415)
Hargraves Drachen. Unermüdlich sind die Amerikaner mit der Verbesserung des Drachens zur Hebung seiner Trag- und Steigfähigkeit beschäftigt, um ihn zu meteorologischen Beobachtungen geeignet zu machen. Hargrave hat die in unserer Abbildung dargestellte Form gewählt. Die einzelnen Rahmen sind aus Stäben von Fichtenholz gebildet und mit einem Baumwollenwebstoff bekleidet, der mit in Benzin aufgelöster Stärke gedichtet ist. Die Rahmen sind durch Schnüre abgesteift und zwei zu einem System vereinigt. Solcher Rahmenpaare lassen sich mehrere in angemessenen Abständen an der Schnur befestigen, wenn man die Tragfähigkeit des Drachens steigern will. Die Rahmen sind 1,80 m lang, 1,25 m breit und 60 cm hoch. Bei einer Windgeschwindigkeit von 7-8 m in der Stunde hebt ein Rahmen 5-6 kg. Bei 6 hintereinander geschalteten Systemen erreichte Hargrave, daß er selbst gehoben wurde. (Das neue Universum, 18. Jg., 1897, Seite 216)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 1997, Seite 101
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