Vor fünfzig und vor hundert Jahren
1947
Für die Gewinnung von Fisch-Insulin wurde die "Insulin-Organ-Gewinnung Deutscher Hochseefischerei" ins Leben gerufen und vom Institut für Seefischerei ein Stab von Spezialisten ausgebildet, die die Inselorgane bereits auf hoher See beim Schlachten der Fische sammeln. In besonderen Gefäßen werden die Organe konserviert und im Laboratorium einer Firma in Wesermünde zu Rohinsulin verarbeitet. Im Hauptwerk in Illertissen (Bayern) wird daraus das reine Insulin hergestellt. Die Produktion an reinem Insulin beträgt monatlich bis zu sechs Kilogramm, eine Menge, die genügt, um 500000 Insulin-Einheiten herzustellen. Das aus Fischorganen hergestellte Insulin ist dem besten Insulin von Schlachtvieh in Wirkung und Stärke gleichwertig. So wird durch diese neue Methode eine nicht unerhebliche Menge dieses unentbehrlichen Heilmittels gewonnen, was angesichts der Verkleinerung des deutschen Viehbestandes von besonderer Bedeutung ist. (Orion, 2. Jg., Nr. 8, 1947, Seite VI)
DDT. Für viele kaltblütige Wirbeltiere (wie Frösche, Schlangen oder Fische) haben sich DDT-Präparate als giftig erwiesen; es liegen auch Berichte vor, daß Vögel durch DDT (vielleicht durch Aufnahme vergifteter Insekten) getötet wurden; für Säugetiere sind die zur Insek-tenbekämpfung gebräuchlichen Dosen der DDT-Präparate ungiftig, jedoch bestehen über die Wirkung von DDT auf warmblütige Tiere und auf den Menschen bei den amerikanischen Toxikologen noch tiefgehende Meinungsverschiedenheiten. (Kosmos, 43. Jg., Heft 8, 1947, Seite 268)
Paradoxon der "Weißen Zwerge". Nach der Theorie des Inders Chandrasekhar über die "Weißen Zwerge" kann ein aus Helium bestehender Stern sich durch Abkühlung nicht in einen Weißen Zwerg verwandeln, wenn seine Masse größer als die 1,44-fache Sonnenmasse ist. Nach Bethe und Marshak bestehen aber die Weißen Zwerge vorwiegend nur aus Helium. Hierin liegt eine schwere grundsätzliche Paradoxie. Pascual Jordan deutet eine Lösung dieses Problems an. Die überschwere Masse der Weißen Zwerge besteht aus entartetem Elektronengas und Alphateilchen. Bei hinreichender Energie von Elektronen könnten nach Jordan die schnellsten von ihnen verschwinden, während eine entsprechende Zahl von Alphateilchen in Neutronen verwandelt wird. Derartige Weiße Zwerge würden dann nicht nur aus Helium bestehen, sondern in der Mitte vorwiegend aus dichtest gepackten Neutronen aufgebaut sein. Der Sternradius wird dabei allerdings so klein, daß die Auffindung solcher Weißen Zwerge mit einem Neutronenkern schwierig sein dürfte. (Orion, 2. Jg., Nr. 8, 1947, Seite 402
1897
Den Hauptnachteilen, welche der runde Ballon an der Fesselleine besitzt, wirkt der Drachenballon nun hauptsächlich durch seine schräge Lage entgegen, die er infolge der Befestigung der Gondel an der hinteren und des schweren Kabels an der vorderen Hälfte unter allen Umständen beibehält, so zwar, daß die höhere Stirnfläche dem Winde jederzeit entgegengekehrt ist. Seine volle Kraft kann der letztere nur gegen die obere, 6 m im Durchmesser haltende Stirnfläche entfalten, dem geneigten Rücken kann er überhaupt nicht beikommen, und auf die Bauchseite des Ballons wirkt er weniger pressend als vielmehr, wie bei jeder ähnlich gestellten Drachenfläche auch, hebend. Damit sind an sich schon ganz erhebliche Fortschritte erreicht. (Die Gartenlaube, Nr. 34, 1897, Seite 575)
Babylonische und altmexikanische Pyramidentürme. Die epochemachenden Entdeckungen der ältesten babylonischen Kultur mit den Stufen-Pyramiden, die dem Sonnenkultus, wie die altmexikanischen Sonnen- und Mond-Pyramiden, geweiht gewesen zu sein scheinen, lenken wieder die Aufmerksamkeit auf die Ähnlichkeiten zwischen östlicher und westlicher vorgeschichtlicher Kultur... Wie die babylonischen grossen Erdhügel von Nuffar, erheben die altmexikanischen sich etwa 29 – 30 Meter über die umgebende Ebene. Ähnlich wie der Turm von Ur-Gur und der von Nippur beträgt die Basis dieser Pyramiden 60 × 40 Meter, ganz wie in Babylon mit den Ecken nach den vier Himmelsrichtungen weisend. Auch die mexikanischen Pyramidenhügel haben drei bis vier Abstufungen und sind mit Mörtel bekleidet (Mischung von Lehm und Häcksel, Adobe, unter Zuhilfenahme von Dünger, gerade wie die Indianer in Mexiko jetzt noch ihre Hütten bauen). Auch Ziegelbau kam ausser Lana zur Verwendung wie in Babylon. Auch in Mexiko weist die Südostseite Spuren des Aufstieges, wo zwei 7 Meter voneinander abstehende Mauern zunächst zu einer Art Nische oder Tempelhof führen. (Die Umschau, 1. Jg., Nr. 32, 7. August 1897, Seite 575 bis 576)
Verflüssigung von Fluor. Ueber das durch den Pariser Chemiker Moissan zum ersten Male dargestellte gasförmige Element berichtete der Entdecker in der Sitzung der französischen Akademie. Dieses Gas hatte bisher allen Anstrengungen widerstanden, dies in einen flüssigen Zustand zu überführen und erst jetzt ist dies Moissan gemeinsam mit Professor Dewar bei einer Temperatur von 185 Grad C. unter Null gelungen. Sie bedienten sich zu den Versuchen des Dewar'schen Glasapparates, durch welchen ein Strom von Fluor-Gas geschickt wurde. Dieser Apparat wurde in flüssigen Sauerstoff, der langsam bei einer Temperatur von -180 Grad verdampfte, gestellt, ohne dass eine Verflüssigung des Fluors eintrat. Erst als durch Absaugung des Gases von dem flüssigen Sauerstoff die Temperatur noch weiter vermindert wurde, begann die Verflüssigung einzutreten. Das flüssige Fluor stellt, wie Pataky in Berlin berichtet, eine klare, gelbe, ausserordentlich bewegliche Flüssigkeit dar, welche Glas, Silicium, Schwefel und Phosphor nicht mehr angreift, dagegen seine Affinität zu Wasserstoff noch zu behalten scheint. Moissan hofft, mit Hilfe von Professor Dewar auch das feste Fluor in Kürze noch zu erhalten. (Hannoversches Gewerbeblatt, Nr. 16, 15. August 1897, Seite 127
Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 1997, Seite 93
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