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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1949

Einkristall-Draht aus dem Wanderofen. Um einen Metalldraht zu erzeugen, der nur aus einem einzigen Kristall besteht, geht Prof. E. N. da C. Andrade (London, University College) von einem gewöhnlichen Metalldraht aus. Der Draht wird horizontal in eine Bank gespannt, auf der ein kleiner Wanderofen den Draht entlang geschoben werden kann. Wenn dann eine Stelle des Drahtes nach der anderen schmilzt, so schließt sich das flüssige Metall dem ersten Kristallkeim an und bildet so einen einzigen Kristall, der nur in der Längsrichtung wächst. (Die Umschau, 49. Jg., Heft 18, S. 564)



Selten Probleme mit dem Rhesus-Faktor. Seit im Jahre 1940 Professor Karl Landsteiner den Rhesusfaktor entdeckte, wird aus allen Teilen der Bevölkerung ein gehäuftes Auftreten von Tot-, Fehl- und Frühgeburten gemeldet, deren Zusammenhang mit diesem Erbmerkmal im Blut des Menschen unverkennbar ist. Nach Untersuchungen, die sich auf die Beobachtung von über 500 Familien in allen vier Besatzungszonen Deutschlands stützen, ist es dem Göttinger Serologen Prof. Dahr gelungen, die Häufigkeit dieser Erkrankung, die als Neugeborenen-Erythroblastose bezeichnet wird, statistisch zu erfassen. Danach ist in 13% aller Ehen der eine Partner Rh-positiv und der andere rh-negativ; in nur 0,4% aller Ehen aber ist es nachweislich zu einer Erythroblastose gekommen. (Kosmos, 45. Jg., Heft 9, S. 366)



Mutationsauslösung durch Chemikalien offenbar weitverbreitet. Das im ersten Weltkrieg unter dem Namen „Senfgas“ bekanntgewordene Giftgas verursacht bei der Taufliege Drosophila, wie Charlotte Auerbach, Edinburgh, mitteilte, Mutationen in ähnlicher Höhe, wie hochgradige Bestrahlung. ... Eine Besonderheit der Senfgaswirkung besteht darin, daß betroffene Gene in einen labilen Zustand überführt werden können, der dann neue Mutationen zur Folge hat. ... Dem Senfgas nahestehende Cyanverbindungen erweisen sich zum Teil ebenfalls mutationsauslösend. Das gleiche gilt nach Demerec wiederum bei Drosophila für manche krebserregende und chemisch verwandte Stoffe. Aber auch bei Bakterien konnten durch eine Reihe von Chemikalien Mutationen ausgelöst werden. (Orion, 4. Jg., Nr. 17, Sept. 1949, S. 679)

Deutscher Forschungsrat gebildet. Nach den Beschlüssen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und zu Heidelberg und der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften ist ein Deutscher Forschungsrat gebildet worden, dem in der Welt anerkannte Persönlichkeiten der deutschen Forschung angehören. An seiner Spitze stehen Professor Heisenberg, Göttingen, als Präsident und Professor Rein, Göttingen, als Vizepräsident. ... Die drei genannten Akademien und die Max-Planck-Gesellschaft sind, als die öffentlich anerkannten Organe der Wissenschaft, die Träger des Forschungsrates, der sich nun an alle staatlichen und politischen Stellen, die für die wissenschaftliche Forschung in irgendeiner Form Verantwortung tragen, desgleichen an die Dienststellen der Besatzungsmächte und an die internationalen wissenschaftlichen Körperschaften wendet. (Naturwissenschaftliche Rundschau, 2. Jg., Heft 9, S. 423)

1899

Die wandernde Eiffelthurmspitze. Nach einem Rapport des Obersten Bassot an die Akademie der Wissenschaften ist der Eiffelthurm je nach den Tageszeiten verschiedenen Inclinationen unterworfen. Oberst Bassot glaubt, daß die Veranlassung dieser pendelnden Bewegung der Thurmspitze in der durch Temperaturänderungen veranlaßten Contraction und Expansion der ungeheuren Eisenmassen liegt. Der von Sonnenaufgang bis -untergang zurückgelegte Weg der Thurmspitze hat die ansehnliche Länge von

20 Centimeter, dennoch wird hierdurch weder die Stabilität, noch die Sicherheit der Eisenconstruction in der geringsten Weise beeinflußt. Darnach hat also die Thurmspitze bisher einen Weg von annähernd 2 Kilometern zurückgelegt, während sie eigentlich unbeweglich sein sollte. (Der Stein der Weisen, 22. Band, 1899, S. 248)



Die Astronomie und Meteorologie der Congo-Neger. Die Abarambos rechnen nach Mondtagen und Regenzeiten; sie beachten genau die Mondphasen und können jederzeit sogleich angeben, wieviel Tage seit dem Erscheinen des Mondes verflossen sind und wieviel Tage es noch dauert, bis der neue Mond kommt. Der erste Tag des Mondes ist oft der Tag der Volksversammlungen (Palawers) und Kriegszüge. (Bei den alten Germanen war es nach Tacitus ebenso.) ... Gewitter und Finsternisse von Sonne und Mond werden einem grossen Thier (Likundu) zugeschrieben, welches im Gewitter

mit Steinen (man denke an unsre Donnerkeile) nach den Menschen wirft und sie zuweilen trifft und tödtet; bei den Sonnen- und Mondfinsternissen will es die Gestirne verschlingen. ... In Frankreich schauten die Kinder noch in den Tagen Rabelais’ nach den Wölfen, die den verfinsterten Mond fressen wollten. (Prometheus, Jg. X, No. 503, 31. Mai 1899, S. 558–559)



Hummels Bildertelegraph (Telediagraph) in der Erprobung. Das Bild wird mit einer isolierenden Tinte aus Schellack auf ein Stanniolblatt gezeichnet und dieses auf eine Rolle aufgelegt, gegen die ein metallischer Stift drückt. Durch Rolle und Stift geht ein elektrischer Strom, der solange fliesst, als sich zwischen beiden das leitende Stanniol befindet, der aber unterbrochen wird, wenn eine Stelle der Zeichnung dazwischen tritt. Die Walze, auf die die Zeichnung aufgelegt wird, ähnelt einer Phonographenwalze; sie bewegt sich durch ein Uhrwerk in rascher Umdrehung von rechts nach links, wobei der Stift über die ganze Zeichnung gleitet. Der Empfang-Apparat besteht aus einer analogen Walze... Die Stromleitung ist durch einen Relais umgedreht; ... der Geber wird erst dann auf die Rolle gepresst, wenn eine Stelle der Zeichnung den Strom unterbricht. ... Die telegraphierte Zeichnung muss noch umgezeichnet werden. ... Vor einem Jahr war der Apparat so weit, dass er praktisch erprobt werden konnte, doch zeigten sich bald noch manche Mängel. Es bildete sich ein Syndikat aus den 5 ersten Zeitungen, die die Mittel zur Verbesserung des Apparates hergaben. (Die Umschau, Jg. III, No. 37, 9. Sept. 1899, S. 741–742)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1999, Seite 103
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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