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Evolution: Vorteilhafte Unreife

Bei heranwachsenden Menschen werden laut einer neuen Untersuchung viele Gene im Gehirn erst später angeschaltet als bei Affenkindern. Birgt eine verzögerte Hirnentwicklung das Geheimnis der Menschwerdung?
Schimpansen im Wolfgang-Köhler-Primatenforschungszentrum
Schon vor Jahrzehnten fiel Wissenschaftlern auf, dass erwachsene Menschen im Aussehen jungen Schimpansen ähneln. Beide haben ein schmales Gebiss, ein flaches Gesicht und spärliche Körperbehaarung. Das Beibehalten kindlicher Merkmale – Evolutionsbiologen sprechen von Neotenie – kommt auch bei Haustieren vor: Dank menschlicher Vorlieben zeigen zum Beispiel viele Hunderassen Charakteristika von Welpen wie Schlappohren, kurze Schnauzen und große Augen.

Jetzt haben Wissenschaftler genetische Hinweise darauf gefunden, dass Neotenie teilweise erklären könnte, warum sich Schimpansen und Menschen so stark unterscheiden, obwohl sie doch im Erbgut weit gehend übereinstimmen und sich erst vor rund sechs Millionen Jahren auseinanderentwickelt haben – was evolutionsbiologisch ein kurzer Zeitraum ist.

Im Allgemeinen beruht Neotenie auf Verzögerungen in der individuellen Entwicklung. So erreichen Menschen erst rund fünf Jahre später die Geschlechtsreife als Schimpansen und behalten ihre Milchzähne länger. "Änderungen im Zeitplan der Entwicklung gehören zu den wirksamsten Mechanismen der Evolution zur Umgestaltung von Organismen", erläutert der Molekularbiologe Philipp Khaitovich vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. "Sie erfordert nur wenige molekulare Ereignisse."

Auf der Suche nach genetischen Hinweisen darauf, dass Neotenie eine Rolle bei der Evolution des Homo sapiens gespielt hat, verglichen der Forscher und Kollegen die Aktivität – genauer Ausprägung oder Expression – von 7958 Genen in den Gehirnen von 39 Menschen, 14 Schimpansen und neun ...

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