Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Hirnforschung: Wann ist ein Gehirn intelligent?

Auch Genies können irren. Manchmal halten sich ihre Fehleinschätzungen über Generationen. So beeinflusst ein großer Irrtum des herausragenden Frankfurter Neurologen Ludwig Edinger (1855 – 1918) unser Hirnbild in vielem bis heute. Entgegen seiner Vorstellung basiert das immer höhere geistige Leistungsvermögen verschiedener Tiere und des Menschen nicht etwa schlicht darauf, dass im Verlauf der Evolution neue Gehirnkomponenten sozusagen stufenweise hinzukamen. Schon gar nicht benötigt Intelligenz eine Großhirnrinde, genauer gesagt einen Neokortex. Viele Vögel verhalten sich ohne diese Struktur schlau und gewitzt. Sogar die Hirngröße allein gibt nicht unbedingt ein Maß für den Intelligenzgrad. Worauf basiert Intelligenz dann? Und vor allem: Was zeichnet unser Gehirn aus? Was ist das Besondere an der menschlichen Intelligenz? Erst jetzt allmählich begreifen die Hirnforscher, dass sie neue Konzepte brauchen, um die Intelligenzevolution zu ergründen.

Edinger, noch immer unbestritten einer der bedeutendsten Neuroanatomen, nahm sein Medizinstudium im Jahr 1872 auf. In jenem Jahr hielt Emil du Bois-Reymond in Leipzig auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte seine Jahrhundertrede "Über die Grenzen des Naturerkennens". Der Berliner Physiologe sinnierte in seinem Vortrag darüber, wie geistige Vorgänge wohl zu Stande kommen mögen – und wo die Grenzen von deren naturwissenschaftlichem Verständnis liegen. Du Bois-Reymond verglich die Gehirne – deren Bau, soweit damals bekannt, und die geistigen Leistungen – von Menschen und verschiedenen Tieren. In den Tierseelen, wie er sich ausdrückte, würden wir "stufenweise minder vollkommene Glieder einer und derselben Entwicklungsreihe" erblicken. Die Vorstellung entsprach dem Denken seiner Zeit: Damals sahen viele Naturforscher die Evolution von Arten gern als Stufenreihe hin zur Perfektion. Vor allem fürs Gehirn sollte das gelten, dessen vollkommenste Ausprägung demnach dem Menschen zukam.

Ludwig Edinger spezialisierte sich als Forscher auf die Neurologie. Er wollte die Evolution der Gehirne von Wirbeltieren im Zusammenhang mit ihren geistigen Leistungen genauer verstehen. Dazu untersuchte er mit den modernsten damals verfügbaren neuroanatomischen Techniken viele Tiergehirne aus allen fünf Wirbeltierklassen. Die Forscher glaubten damals noch, die Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere wären in ebendieser Reihenfolge nacheinander entstanden. Die Säugetiere galten somit als am jüngsten, und die Primaten bildeten vermeintlich deren modernste Vertreter. Von denen wiederum stellte der Mensch angeblich die neueste Entwicklung dar....

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wer lebt am Grund des Nordpols?

Die Tiefsee rund um den Nordpol ist einer der am wenigsten erforschten Orte der Erde. Begleiten Sie das Forschungsschiff »Polarstern« auf seiner Expedition und entdecken Sie Artenvielfalt und Auswirkungen des Eisrückgangs auf das Ökosystem. Das alles und noch viel mehr in »Spektrum - Die Woche«!

Spektrum - Die Woche – Günstig erzeugt, teuer verkauft

Notre-Dame nach Brand wiedereröffnet! Erfahren Sie mehr über die Restaurierung und neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Plus: Warum sind die Strompreise in Deutschland die höchsten Europas? Lesen Sie mehr in »Spektrum – Die Woche«.

Spektrum - Die Woche – Mehrere Higgs-Teilchen vor dem Aus?

2012 wurde der Nachweis des Higgs-Teilchens vom CERN bekannt gegeben, seitdem wird fleißig weiter geforscht. Warum gibt es mehr Materie als Antimaterie? Was ist Dunkle Materie? Diese und weitere Fragen behandeln wir in unserer Titelgeschichte. Außerdem: Die seelische Gesundheit unserer Kinder.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.