GEOWISSENSCHAFT: Warum die Alpen wachsen
Jedes Jahr gewinnen die Alpen um ein bis zwei Millimeter an Höhe. Forscher vermuteten unter anderem, das hänge mit Erosion zusammen: Wasser und Wind tragen in den Tälern das Gestein ab, und der dadurch bedingte Massenverlust lasse das Gebirge aufsteigen.
Jürgen Mey von der Universität Potsdam und sein Team haben den Prozess nun in Computermodellen nachvollzogen und stellen eine andere These auf. Demnach ist die Hebung der Alpen eine Spätfolge der letzten Kaltzeit. Während des letzteiszeitlichen Maximums (LGM), also vor 24 000 bis vor 18 000 Jahren, sei das Gebirge von mächtigen Eispanzern nach unten gedrückt worden – und federe seit deren Abschmelzen viskoelastisch zurück. Der Effekt halte bis heute an und sei für etwa 90 Prozent der gegenwärtigen Hebungsrate verantwortlich.
Fachleute hielten es bislang für eher wenig wahrscheinlich, dass dieses Rückfedern, die so genannte isostatische Bodenhebung, die Hauptursache des Alpenwachstums ist. Im Vergleich zu dem tausende Meter dicken Eisschild, der Nordeuropa während des LGM bedeckte, erschien die Vereisung der Alpen eher unbedeutend. Mey und sein Team kommen in ihren Modellen allerdings zu dem Schluss, die Eislast auf den Alpen habe während des LGM etwa 62 Billionen Tonnen betragen. Seit der letzten Kaltzeit sei der Großteil dieses Eises abgeschmolzen – zugleich aber nur 4 Billionen Tonnen erodierter Sedimente ins Alpenvorland geschwemmt worden. Ein bedeutender Teil der Gesteinsmassen, die in dem Gebirge per Erosion abgetragen wurden, sei in den Alpentälern hängen geblieben und habe infolgedessen keine Last von dem Gebirge genommen. Tektonische Prozesse wiederum tragen in den Alpen nur regional und untergeordnet zur Hebung bei, schreiben Mey und seine Kollegen in ihrer Fachpublikation.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben