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Evolution: Warum ist unser Gehirn so groß?

Das Gehirn des Menschen ist im Lauf unserer Evolution immer größer und leistungsfähiger geworden. Doch wuchs es immer weiter, weil es benutzt wurde – oder benutzte der Mensch es nur, wo es nun schon mal da war? Schottische Mathema­tiker haben sich jetzt mit einem komplexen Modell auf die Suche nach einer Antwort gemacht. Ihr Fazit: Training durch Denken spielte wohl keine überragende Rolle beim Siegeszug des Hirns.

Zwei Hypothesen erklären traditionell die Sonderentwicklung des menschlichen Denkorgans, das im Vergleich zu dem anderer Organismen zwar auffällig leistungsstark, aber auch sehr energiehungrig, also mit hohen Kosten verbunden ist. Die "Social Brain Hypothesis" geht davon aus, dass ein größeres Gehirnvo­lumen sich in einem vielfältigen und komplexen Sozialleben äußert – die steigenden Anforderungen an das Denken fordern und fördern also eine immer leistungsfähigere Hardware. Dagegen steht die "Expensive Tissue Hypothesis", nach der das Gehirn bei allen Organismen größer wird, wenn sie genug Energie – etwa in Form von Fleisch oder auch Obst – zu sich nehmen, um es auch unterhalten zu können. Demnach wurde der Mensch zum Denker, weil er zufällig ein guter Jäger war – und das hat dem Modell von Mauricio González-Forero und Andy Gardner von der University of St Andrews zufolge wohl eher den Ausschlag gegeben. Vermutlich geht die Evolution des Gehirns zu rund 60 Prozent auf die Umweltbedingungen zurück, in denen sich die Menschheit entwickelte. Der Rest beruht dann auf sozialen Faktoren, die die Entwicklung des Denkens vorantrieben: 30 Prozent auf eher kooperative, gruppenbinnendynamische Herausforderungen und nur etwa 10 Prozent auf Konkurrenz mit anderen Gruppen.

Das Modell macht zugleich die Komplexität der Fragestellung deutlich. So werde zum Beispiel unterschätzt, dass viele Faktoren eher darauf hinwirken, die Gehirnentwicklung zu bremsen, weil ein noch komplexeres System weniger zusätzliche Leistungsvorteile bei weiter erhöhtem Energiebedarf hat. Auch solche Faktoren können soziokulturell wie ökologisch bedingt sein.

  • Quelle
Nature 557, S. 554–557, 2018

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