Hirschhausens Hirnschmalz: Rechts vor links?
Wenn ich derzeit durch die Straßen gehe, lachen mich Politiker von rechts und links an. Meistens von oben. In der Französischen Revolution hat man noch die Politiker an die Laternen gehängt an Stelle der Plakate. Das war plakativer. Verdüstert aber auch.
Zuletzt haben alle zugesehen, wie knapp Frankreich und Holland bei Wahlen an Rechtspopulisten vorbeigeschrappt sind. Dabei sollte Demokratie im eigenen Land kein Zuschauersport sein. Sie ist das Beste, was uns als Staatsform in Deutschland in den letzten 1000 Jahren eingefallen ist. Und ich lebe gerne hier, wo ich sagen, schreiben, tun und lassen kann, was ich will. Deshalb habe ich mir für diese Kolumne eine Studie rausgesucht zur Frage: Wer wählt wen und warum?
Eine internationale Forschergruppe, darunter Ökonomen aus München, wollte wissen, welche Rolle das Aussehen dabei spielt. Und welche politische Richtung mit besserem "Look" verbunden wird. In dem Experiment sollte anhand von Fotos geraten werden, welchem Lager ein Politiker angehörte. Schöne Kandidaten wurden eher für konservativ gehalten – und zu Recht. Die Forscher unterstellen den Wählern folgendes unbewusste Kalkül: Wer gut aussieht, verdient mehr. Und sorgt auch dafür, dass es so bleibt. Ganz grob.
Es gibt natürlich noch viele andere Einflüsse – vom schlechten Wetter, das mehr Nichtwähler nicht wählen lässt, bis hin zu Fake News im Internet. Dafür, dass die Demokratie gerade so unter Druck steht, überrascht es doch, wie wenig wir darüber wissen, wie Entscheidungsprozesse ablaufen. Was aber am meisten erschreckt: Der Einfluss der Optik ist umso größer, je weniger informiert die Wähler sind. Wer sich politisch kaum auskennt und viel fernsieht, wählt (wenn überhaupt) den, der äußerlich am meisten hermacht.
Das Beruhigende an Merkel ist ja, dass ihr keiner unterstellt, sie habe ihre Macht durch Sexappeal erschlichen. Und sieht man sie im Kreis schöner, eitler und durchgeknallter Männer, sind viele erleichtert, dass sie sich mehr für Physik als für Physis interessiert. Als bei einem Staatsbesuch einmal ein Reporter die Kanzlerin fragte, ob sie dasselbe Kleid anhabe wie vor zwei Jahren schon, gab sie zur Antwort: "Ich bin hier nicht auf einer Modenschau, ich bin hier, um Politik zu machen."
Dennoch gilt: Gut aussehende Leute haben es an vielen Stellen leichter. Auch in der Politik. Wessen Gesicht dem Mehrheitsgeschmack entspricht, der wird somit leichter Mehrheiten finden. In einer früheren Studie ließ man Fotos von Mitgliedern des EU-Parlaments von Amerikanern bewerten. So sollte ausgeschlossen werden, dass der "Den-kenn-ich"-Faktor die Sympathiewerte beeinflusste. Das klappte gut. Kein Ami erkannte einen der Abgeordneten. Wäre bei Deutschen womöglich nicht anders gewesen.
- a) nach dem Aussehen.
- b) nach dem Einsehen.
- c) ins Wahllokal.
- d) direkt ins Lokal.
Beim Wählen gehe ich ...
Zudem kam heraus, dass Konservative im Schnitt wirklich besser aussehen und in der Wählergunst vorne liegen. Für Kandidaten aus Finnland hieß das: Wer in Sachen Attraktivität eine Standardabweichung höher rangierte, der bekam 20 Prozent mehr Stimmen von Wählern, die sich selbst als konservativ einschätzten; aber nur acht Prozent mehr von denen, die "links" dachten. Wer die Welt nicht konservieren, sondern verbessern will, mag wohl keine Kandidaten, die schon perfekt tun.
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