Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Physiognomik: Auf die Finger geschaut

Der Versuch, von äußerlichen Merkmalen auf die Persönlichkeit zu schließen, liegt wieder im Trend. Doch lässt sich das wissenschaftlich begründen?
Mann Hände vor dem Mund

Gut möglich, dass Peter Hill seinen langen Ringfingern sein Leben verdankt. An einem Frühlingstag vor viereinhalb Jahren saß der heute 72-jährige Brite in einem Café und blätterte in Zeitungen. Sein Blick blieb an einem Artikel hängen, in dem über eine Studie der University of Warwick berichtet wurde. Die Fingerlänge von Männern erlaube eine Aussage über ihr Prostatakrebs-Risiko, las er. Wenn der Zeigefinger der rechten Hand den Ringfinger überrage, sei die Wahrscheinlichkeit zu erkranken um ein Drittel niedriger.

Peter Hill sah auf seine Hände. Seine Ringfinger sind ein gutes Stück länger als die Zeigefinger. Bedeutete das im Umkehrschluss, dass er ein erhöhtes Krebsrisiko hatte? Seit einiger Zeit schon musste er nachts häufiger Wasser lassen. Er hatte deswegen, aus Angst vor einer Prostata-Erkrankung, bereits einen Arzt aufgesucht. Der hatte aber nichts festgestellt. Er solle sich keine Sorgen machen.

Doch nun dieser Zeitungsartikel. Hill wollte kein Risiko eingehen. Er fasste den Entschluss, sich noch einmal durchchecken zu lassen. Der junge Mediziner, der ihn diesmal untersuchte, nahm ihm Blut ab. Die Probe enthielt eine stark erhöhte Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA). In Hills Alter wäre ein PSA-Wert von 4 normal gewesen; seiner lag aber fast 25-mal höher – ein Indiz für eine Prostata-Erkrankung. In nachfolgenden Untersuchungen erhärtete sich der Verdacht: Peter Hill hatte einen bösartigen Tumor in der Vorsteherdrüse. Er schluckte monatelang Hormone und erhielt danach eine Strahlentherapie. Heute ist der Tumor verschwunden. "Es war sehr knapp", erinnert er sich. "Der Zeitungsartikel hat mein Leben gerettet ...

http://www.youtube.com/watch?v=ecd43CQo7xU
Fingerlängen-Forscher Manning sagt den Ausgang eines 5000-Meter-Laufs vorher

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Sucht - Abhängigkeit im Alltag

Eine Sucht entsteht nicht nur bei harten Drogen. Unterschiedlichste Mittel und sogar Verhaltensweisen können abhängig machen. Hierzu zählen das Online-Glücksspiel, Sport und auch die sozialen Medien. Bei der Abhängigkeit von Alkohol gibt es neue Therapieansätze, die aus der Sucht helfen sollen.

Gehirn&Geist – Die Macht der Hormone

Die Schwangerschaft ist nicht nur eine Zeit eines massiven hormonellen Wandels; Teile der Hirnrinde schrumpfen. Darunter leidet aber nicht etwa die geistige Leistungsfähigkeit – vielmehr stärkt es die Bindung zwischen Mutter und Kind. Auch die Wechseljahre mit ihren Änderungen im Hormonhaushalt bringen mehr als ein Ende der fruchtbaren Jahre. Das Gehirn verändert sich ebenfalls in dieser Lebensphase. Daneben berichten wir über das komplexe Wechselspiel zwischen Kopf und Bauch, das zum Reizdarmsyndrom führt. Untersuchungen der Kognitionsforschung zeigen, dass das Gehirn zum Codieren von Gedanken und Erinnerungen den Orientierungssinn nutzt. In unserem Artikel über Hunde geht es um deren Geruchssinn und dessen Wechselwirkung mit ihren Emotionen und der Kognition. Dieses Thema ist bisher wenig erforscht. Ein weiterer Artikel erklärt, was Orte auszeichnet, an denen wir uns zu Hause fühlen.

Spektrum Kompakt – Die Dunkle Triade - Das Böse in uns

Nicht selten sind sie die Schurken: In Filmen und True-Crime-Podcasts faszinieren Narzissten, Psychopathen und Machiavellisten mit ihrer Skrupel- und Reuelosigkeit. Doch ist die Dunkle Triade nicht nur Erzählungen vorbehalten. Mal stärker und mal schwächer ist sie in jedem von uns ausgeprägt.

  • Quellen

Aksu, F.. et al.: Phenotypic Features in Autistic Individuals: The Finger Length Ratio (2D: 4D), Hair Whorl, and Hand Dominance. In: Turk Psikiyatri Dergisi 24, S. 94-100, 2013

Anderl, C. et al.: Facial Width-to-height Ratio Predicts Psychopathic Traits in Males. In: Personality and Individual Differences 88, S 99-101, 2016

Breedlove, S.M.: Minireview: Organizational Hypothesis: Instances of the Fingerpost. In: Endocrinology 151, S. 4116–4122, 2010

Ellis, L., Hoskin, A. W.: Criminality and the 2D: 4D Ratio Testing the Prenatal Androgen Hypothesis. In: International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology 59, S. 295-312, 2015

Fink, B. et al.: A Preliminary Investigation of the Associations Between Digit Ratio and Women’s Perception of Men’s Dance. In: Personality and Individual Differences 42, S. 381-390, 2007

Haselhuhn, M.P. et. al.: Self-Fulfilling Prophecies as a Link between Men’s Facial Width-to-Height Ratio and Behavior. In: PLoS ONE 8, doi:10.1371, 2013

Kanning, U. P.: Personalauswahl–Mythen, Fakten, Perspektiven. In: Meinald T. Thielsch, M.T., Brandenburg T.: Praxis der Wirtschaftspsychologie II , S. 9-25, 2012

Klar, A. J.: Excess of Counterclockwise Scalp Hair-Whorl Rotation in Homosexual Men. In: Journal of Genetics, 83, S. 251-255, 2004

Manning, J.T. et al.: The ratio of 2nd to 4th digit length: A predictor of sperm numbers and concentrations of testosterone, luteinizing hormone and oestrogen. In: Human Reproduction 13, S. 3000–3004, 1998

Ozgen, H. et al.: Predictive value of morphological features in patients with autism versus normal controls. In: Journal of Autism and Developmental Disorders, 43, S. 147-155, 2013

Rahman, A.A. et al.: Hand Pattern Indicates Prostate Cancer Risk. In: British Journal of Cancer 104, S. 175-177, 2011

Thoresen, J. C. et al.: First Impressions: Gait Cues Drive Reliable Trait Judgements. In: Cognition 124, S. 261-271, 2012

Voracek, M. et al.: Repeatability and Interobserver Error of Digit Ratio (2D: 4D) Measurements Made by Experts. In: American Journal of Human Biology 19, S. 142-146, 2007

Voracek, M. et al.: Digit ratio (2D:4D) and sex-role orientation: Further evidence and meta-analysis. In: Personality and Individual Differences 51, S. 417–422, 2011

Voracek, M. et al.: Digit ratio (2D:4D) and sensation seeking: New data and meta-analysis. In: Personality and Individual Differences 48, S. 72-77, 2010

Voracek, M.: No effects of androgen receptor gene CAG and GGC repeat polymorphisms on digit ratio (2D:4D): a comprehensive meta-analysis and critical evaluation of research. In: Evolution and Human Behavior 35, S. 430–437, 2014

Weege, B. et al.: Women’s Attractiveness Perception of men’s Dance Movements in Relation to Self-Reported and Perceived Personality. In: Evolutionary Psychological Science 1, S. 23-27, 2015

Zheng, Z.: Developmental basis of the sexually dimorphic digit ratio. In: PNAS 108, S. 16289–16294, 2011

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.