Familie: Papa, warum weinst du?
In den Augen von Merle Seiwert* glitzern die Tränen, wenn sie von ihrer Kindheit berichtet, doch sie tut es sogar öffentlich in einem Vortrag. »Ich wusste einfach nicht, was mit Papa los ist«, sagt die heute 25-Jährige. Sie ist das Kind von Eltern mit einer psychischen Erkrankung, und ihre Zuhörer an diesem Tag sind überwiegend Psychiater, Neurologen und Psychotherapeuten, die sich für den Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. in Berlin zusammengefunden haben. »Es war so erschreckend, meinen Vater weinen zu sehen. Ich wollte nur, dass alles wieder gut wird.«
Merle Seiwert wurde mit neun Monaten adoptiert, weil ihr Vater und ihre Mutter Alkoholiker und schwer depressiv waren. In ihrer Adoptivfamilie wuchs sie zunächst behütet auf. Doch das seelische Leid verfolgte sie: Ihre Adoptivmutter erkrankte an einer Essstörung und starb, als Seiwert elf Jahre alt war. »Da fing es mit Papa an«, erzählt sie im Gespräch. Bis dahin sei ihr Adoptivvater ihr großer Held gewesen und ein Spaßvogel. Doch plötzlich habe er abgebaut, körperlich und psychisch. »Im einen Moment war er der Clown, dann plötzlich war er in sich gekehrt und handelte wie ferngesteuert«, sagt sie. Später bekam ihr Vater die Diagnose bipolare Störung. …
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