Philosophiegeschichte: Sorge um das Selbst
Einer meiner Bekannten ist passionierter Lyriker. Er war ein unentdecktes Talent, bis ihm das Erscheinen seines ersten Gedichtbands eine gewisse Bekanntheit einbrachte. Kürzlich wollte ich ihn zu einer Lesung in unserem Kiezbuchladen einladen. Er lächelte süffisant und sagte, er bewege sich jetzt "auf anderem Parkett". Er rechne im nächsten Jahr mit einem wichtigen Literaturpreis und gehe davon aus, dass man ihn bald international wahrnehmen werde. Schließlich habe er die deutschsprachige Lyrik zu neuen Höhen geführt. Ich schaute betreten zur Seite und dachte: Was für eine Selbstanmaßung!
Die Überschätzung der eigenen Kräfte und Leistungen, oft gepaart mit unrealistisch hohen Zielen, kennen wir alle aus dem Alltag. Maßlose Manager und Banker, kritikresistente Politiker und blasierte Sportler gehören zu den Begleiterscheinungen unserer auf Prestige versessenen Medienwelt. Das Phänomen ist jedoch keineswegs neu. Bereits in der Antike wusste man um die Gefahren der Selbstüberhöhung ...
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