Frontotemporale Demenz: Wenn der Charakter zerfällt
Harriet Holliday war eine bezaubernde Person. Die geistreiche und witzige Managerin eines Weinguts im kalifornischen Napa Valley war es gewohnt, Veranstaltungen für Hunderte von Gästen zu organisieren. Doch als sie 49 Jahre alt war, bemerkte ihr Ehemann Kevin Horowitz auffällige Veränderungen an ihr. Sie reagierte oft empfindlich oder sarkastisch und entfremdete sich zunehmend ihren Freunden. "Sie wurde immer gehässiger", erzählt Horowitz. "Sie wusste einfach nicht, wann sie besser den Mund hielt."
Schließlich verlor Holliday durch ihre aufbrausende Art sogar ihren Job. Immer mehr Absonderlichkeiten kamen hinzu. Zu einem Essen erschien sie im Restaurant in einem schicken Abendkleid – und Hausschuhen. Sie flirtete hemmungslos mit wildfremden Männern. Als Horowitz entdeckte, dass seine Frau Kreditkartenschulden in Höhe von 74 000 US-Dollar angesammelt hatte, wurde ihm klar, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.
Der Hausarzt diagnostizierte Alzheimerdemenz; doch erst die Überweisung ans Memory and Aging Center der University of California in San Francisco brachte 2009 endlich Klarheit: Harriet Holliday litt an einer wenig bekannten, unheilbaren Hirnerkrankung: frontotemporale Demenz (FTD). Hierbei degenerieren Teile der frontalen und temporalen Hirnrinde, also des Stirn- und Schläfenlappens.
Mit Demenz verbinden die meisten von uns den schleichenden Verlust des Erinnerungs- und Denkvermögens. Doch diese besondere Form raubt ihren Opfern stattdessen ihre sozialen Umgangsformen und ihr Einfühlungsvermögen ...
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