Selbstmitgefühl: Wer sich selbst verzeiht, leidet weniger unter Schmerzen
Menschen, die nicht nur anderen, sondern auch sich selbst mit Mitgefühl begegnen, werden offenbar weniger stark durch chronische Schmerzen beeinträchtigt. Darauf deutet eine Untersuchung von einem Team um Sérgio A. Carvalho von der Universität in Coimbra, Portugal, hin. Die Wissenschaftler untersuchten, was die Schmerzakzeptanz von Patienten beeinflusst. Leidet jemand lange Zeit an Schmerzen, die keine Therapie zu lindern vermag, hilft es oft, die eigene Sichtweise zu verändern: Statt die Pein zu bekämpfen und von sich zu schieben, kann es sinnvoll sein, sie als Teil des Erlebens zu akzeptieren und nach Wegen zu suchen, trotzdem verschiedenen Aktivitäten nachzugehen. Wem das gelingt, der ist besser davor geschützt, zusätzlich an einer psychischen Störung wie einer Depression zu erkranken.
Um herauszufinden, was diesen Prozess begünstigt, befragten Carvalho und seine Kollegen mehr als 200 Schmerzpatienten, von denen die meisten die Diagnose Fibromyalgie erhalten hatten. Dabei entdeckten sie zunächst wenig überraschend, dass aktivere Probanden weniger Anzeichen einer Depression zeigten und von geringeren Schmerzen berichteten. Dieser Zusammenhang stand offenbar vor allem mit dem Maß an Selbstmitgefühl in Verbindung: Wer gütig zu sich selbst war, war aktiver und weniger depressiv – und zwar unabhängig von der Intensität der Schmerzen.
Unter Selbstmitgefühl verstehen Forscher die Fähigkeit, sich auch bei Fehlern und Misserfolgen so verständnisvoll und freundlich wie ein guter Freund zu behandeln (siehe Gehirn&Geist 8/2018, S. 42). Wer Aussagen wie »Ich versuche, meine Fehler als Teil der menschlichen Natur zu sehen« zustimmt, zeigt eher Selbstmitgefühl als jemand, der sich für unliebsame Eigenschaften Vorwürfe macht. Studien belegen, dass Menschen, die sich selbst verzeihen können, besser gegen Stress und Belastungen gewappnet sind. Die Autoren glauben deshalb, es könnte vorteilhaft sein, gerade Schmerzpatienten zu mehr Selbstmitgefühl zu ermutigen. Ein ursächlicher Zusammenhang lässt sich aus ihrer Studie allerdings nicht ableiten.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben