Leser fragen - Experten antworten: Wettlauf Lichtstrahl-Neutrino, Teil 2
In SuW 11/2018 haben Sie in der Expertenantwort auf S. 8 vorgerechnet, dass ein sehr energiereiches Neutrino über eine Laufstrecke von vier Milliarden Lichtjahren weniger als eine Pikosekunde oder 0,2 Millimeter gegenüber einem Lichtquant zurückfällt. Das hat mich sehr überrascht. Aber es kommt vielleicht noch schlimmer: Durch das diffuse intergalaktische Wasserstoffgas, dem man einen – wenn auch extrem gering von 1,0 abweichenden – Brechungsindex zuschreiben kann, wird das Lichtquant verlangsamt. Für neutralen Wasserstoff sieht die Überschlagsrechnung so aus:
Brechungsindex für Wasserstoff bei Atmosphärendruck: 1,00014, also Abweichung von 1,4 ⋅ 10-4 von 1,0. Angenommene Dichte des intergalaktischen Mediums: 10 Atome pro Kubikmeter, das entspricht rund 3 ⋅ 10-24 Atmosphären. Daraus folgt ein effektiver Brechungsindex: 1,0 + 4 ⋅ 10-28. Und daraus ergibt sich eine Laufzeitverzögerung von 50 Pikosekunden. Das Neutrino würde also das Lichtquant sogar spielend überholen!
Die Rechnung ist natürlich insoweit nicht korrekt, als der Wasserstoff auf der Wegstrecke wohl größtenteils atomar oder sogar ionisiert vorliegt. Um das zu berechnen, fehlen mir die Formeln. Aber auch Plasmen haben einen Brechungsindex. Vermutlich kommt also das Neutrino wirklich zuerst an …
Thomas Scharnagl
Herr Scharnagl hat mir mit diesem Einwurf eine große Freude bereitet. Er hat Recht: Das Neutrino kommt tatsächlich vor dem Licht an. Das wurde mir schon bei der Niederschrift der Expertenantwort für das Novemberheft klar, aber es passte einfach nicht in die damalige Fragestellung ...
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