Springers Einwürfe: Wettrüsten der Geschlechtsorgane
Die abendländische Forschung entstand in patriarchalischen Gesellschaften, und in vielen Bereichen dominiert der männliche Blick noch heute. Obwohl Sigmund Freud vorwiegend weibliche Klienten psychoanalysierte, blieb die Frau für ihn nach eigener Aussage ein "dunkler Kontinent". Die generelle Neugier des Wissenschaftlers – seinerzeit gab es kaum Forscherinnen – führt der Pionier der Seelenkunde auf das Erlebnis der "Urszene" zurück: Der Knabe belauscht die Eltern beim für ihn unbegreiflichen Geschlechtsakt und versucht sich einen Reim darauf zu machen.
Ob man diese Erklärung plausibel findet oder nicht, in jedem Fall ist die Biologie der Sexualität ein besonders spannendes Forschungsgebiet. Das beginnt schon mit der Frage, warum es überhaupt Geschlechter gibt. Anscheinend bietet die Vermischung zweier Erbstränge bei der Befruchtung einen gewissen Überlebensvorteil, aber die Lasten der sexuellen Vermehrung sind im Tierreich höchst ungleich verteilt: Während das Männchen seinen Samen durch häufigen Geschlechtsverkehr möglichst breit zu streuen sucht, muss das geschwängerte Weibchen den Nachwuchs aufwändig austragen, gebären und bei vielen Spezies weiter umsorgen.
Auf Seiten der Erzeuger entstand im Lauf der Evolution eine bunte, ausgiebig erforschte Vielfalt von Penisformen: gerade, gebogen, spiralförmig, mit Widerhaken, mit Knochen verstärkt und so weiter. Aber erst jetzt fragen sich – bezeichnenderweise fast ausnahmslos weibliche – Biologen nach dem Grund für diesen evolutionären Aufwand. Er liegt nicht so offen zu Tage wie das männliche Glied selbst, sondern verbirgt sich im Innern des weiblichen Körpers. ...
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