Hintergrund: Radikale Raserei
Möglicherweise steht Nimrud noch. Anfang März hatte die irakische Antikenverwaltung gemeldet, Kämpfer des so genannten Islamischen Staats (IS) hätten die vor 3200 Jahren gegründete Hauptstadt des Assyrischen Reichs mit schweren Militärfahrzeugen, Bulldozern und Sprengstoff dem Erdboden gleichgemacht. Auch den Ruinen von Hatra, im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. eine bedeutende Grenzstadt zwischen dem Imperium Romanum und dem Partherreich, stünde wohl dieses Schicksal bevor. Weltweit war das Entsetzen groß. Irina Bokowa, Generaldirektorin der UNESCO, sprach von "kultureller Säuberung" und "Kriegsverbrechen".
Auch wenn es keinen Anlass zur Entwarnung gibt, hat sich die Aufregung wieder etwas gelegt. Noch nicht veröffentliche Satellitenbilder zeigten Ende März anscheinend, dass die genannten Stätten weit gehend unversehrt sind. May Shaer vom UNESCO-Büro für den Irak, das in der jordanischen Hauptstadt Amman eingerichtet ist, erklärte, man habe noch keine verlässlichen Informationen über das Ausmaß der Schäden, wolle sie aber schnellstmöglich beschaffen. Ein schwieriges Unterfangen, da beide Städte im Machtbereich des IS liegen. "Selbst die irakische Antikenverwaltung hat die Kontakte zu den Ausgrabungsstätten verloren", bedauert die Archäologin Margarete van Ess, seit 1996 Leiterin der Außenstelle Bagdad des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI).
Der Zustand von Nimrud und Hatra ist aber letztlich bloß ein Detail in der seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Vernichtung von Kulturschätzen des Alten Orients. Einen ersten Höhepunkt bildeten die Beutezüge durch irakische Museen während und unmittelbar nach der US-Invasion zum Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003, als beispielsweise das Bagdader Nationalmuseum von offensichtlich gut organisierten Plünderern leer geräumt wurde. Seitdem pflügen Raubgräber archäologische Stätten im ganzen Land um. ...
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