Wissenschaftsgeschichte: Gemachte Welt
Diese Situation kennt jeder: Da gerät man auf einer Party in die Fänge eines redseligen Gasts, dessen Erzählung einen jedoch nur mäßig fesselt, und auf einmal schnappt man ein viel spannenderes Gespräch in der Nähe auf. Um das Gegenüber nicht zu brüskieren, wimmelt man denjenigen nicht ab, hört ihm aber auch kaum noch zu, sondern schenkt seine Aufmerksamkeit den plaudernden Nachbarn. Die Fähigkeit, seinen mentalen Fokus auf ganz bestimmte Aspekte der Umwelt zu richten, bezeichnen Psychologen als Cocktailparty-Phänomen. Es zeigt, dass wir nicht bloß passive Empfänger von äußeren Reizen sind, sondern selbst maßgeblichen Anteil daran haben, was und wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Diesen Gedanken griff eine Denkschule auf, die zu den radikalsten Ansätzen der Psychologie des 20. Jahrhunderts zählt: der Konstruktivismus.
Eine seiner Grundannahmen besagt, dass Erkenntnis nicht in der Rezeption der externen Wirklichkeit besteht, sondern vielmehr darin, eine kohärente Erfahrungswelt herzustellen. Einige Konstruktivisten stellten sogar die Existenz einer vom Beobachter unabhängigen Realität insgesamt in Frage. Für die Psychologie und Psychotherapie hatten solche Überlegungen weit reichende Konsequenzen ...
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