Direkt zum Inhalt

Modelllernen: Die Leiden des kleinen Bobo

Mit Hilfe einer Clownspuppe zeigte Albert Bandura, dass erwachsene Vorbilder die Gewaltneigung von Kindern beeinflussen.
»Bobo-­Experiment«

Alkohol und Glücksspiel prägten das Leben der einfachen Wanderarbeiter in Yukon im Nordwesten Kanadas. Hier jobbte Anfang der 1940er Jahre ein junger Mann namens Albert Bandura, um sein Studiengeld aufzubessern. In diesem Milieu verkrachter Existenzen entdeckte er, wie er Jahre später in seiner Autobiografie schrieb, sein Interesse am menschlichen Verhalten. So begann die Karriere eines der meistzitierten Psychologen der Welt.

Bandura kam 1925 als jüngstes von sechs Kindern ­ukrainisch-polnischer Einwanderer in dem 400-Seelen-Dorf Mundane nahe Edmonton (Kanada) zur Welt. Er wuchs in ärmlichen, heute würde man sagen »bildungsfernen« Verhältnissen auf dem Land auf. Doch bereits früh begann er sich für wissenschaftliche Fragen zu interessieren und schrieb sich nach der Highschool an der University of British Columbia in Vancouver ein. Dort belegte er zunächst eher wahllos Psychologiekurse, um seinen Stundenplan zu füllen. Nach und nach wandte er sich dann den Grundlagen des Lernens zu.

Nach dem Bachelor-Abschluss 1949 erhielt der »polnische Junge«, wie sich Bandura selbstironisch nannte, ein Stipendium der University of Iowa, eines Zentrums der psychologischen Forschung. Er promovierte bei Arthur Benton (1909–2006), der als Mitbegründer der modernen Neuropsychologie gilt. Bei ihm erlernte er das experimentelle Handwerk, nach dem jede Hypothese in kontrollierten Laborversuchen überprüft werden muss. 1953 trat Bandura mit noch nicht einmal 30 Jahren Bentons Nachfolge an der renommierten Stanford University in Palo Alto (Kalifornien) an.

Banduras Name ist heute eng verknüpft mit der ­einflussreichen sozial-kognitiven Lerntheorie, auch »Modelllernen« genannt. Laut ihr fußt ein Großteil unseres erworbenen Wissens und Verhaltens auf der Beobachtung anderer. In seinem Buch über Aggression im Jugendalter von 1959 postulierte Bandura, dass Vorbilder mitentscheidend dafür sind, ob Kinder und Jugendliche gewalttätig werden oder nicht …

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Faszination Gehirn: 38 Infografiken über unser Denken, Fühlen und Handeln

Weil Sprache allein nicht immer das beste Kommunikationsmittel ist, werden seit 2013 ausgewählte Inhalte auf eine andere Art präsentiert: in Infografiken. Denn manches lässt sich in Bildern so viel einfacher darstellen als mit Worten. In dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist« präsentieren wir ein »Best-of« unserer Infografiken zu Psychologie, Hirnforschung und Medizin. Wie funktioniert unser Orientierungssinn? Was haben Darmbakterien mit der Psyche zu tun? Was macht eine angenehme Unterhaltung aus? Wie wirkt Alkohol im Gehirn und was mach er mit den Hirnbotenstoffen? Und warum lassen wir uns im Supermarkt so leicht zu Spontankäufen animieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen finden Sie in dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist«. Jede der 38 Grafiken im Heft widmet sich einem eigenen Thema.

Gehirn&Geist – Junge Menschen in der Krise

Die Zahl der psychischen Diagnosen nahm zuletzt besonders unter Kindern und Jugendlichen dramatisch zu. Woran leiden junge Menschen mehr als früher? Welche Rolle spielen Onlinemedien? Oder hat nur das Bewusstsein für seelische Nöte zugenommen? Daneben berichten wir, wie man Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, was oft mit Ängsten und Aggressionen einhergeht, das Leben erleichtern kann. Diese Krankheit geht oft mit Ängsten und Aggressionen einher, Medikamente helfen da kaum. Der Artikel "Wie »denkt« ChatGPT?" erklärt, welche Konzepte aus der Psychologie und Neurowissenschaft Fachleute nutzen, um zu verstehen, wie eine KI zu ihren Ergebnissen kommt. Außerdem berichten wir über die psychischen Folgen rund um das Thema Transplantation. Betroffene erleben mitunter Angst, Befremden und Schuldgefühle. Deshalb ist es wichtig, sich in der Zeit vor und nach der Operation auch um ihr psychisches Wohlergehen zu kümmern.

Spektrum Kompakt – Junge Eltern

Die Zeit kurz nach der Geburt eines Kindes ist wohl für die meisten Eltern aufregend und mit vielen Umstellungen verbunden. Zahlreiche neue Themen gehen mit der Sorge für ein Neugeborenes einher. Doch auch Ängste und manchmal sogar negative Gefühle können sowohl Mutter als auch Vater belasten.

  • Quellen

Bandura, A.: Adolescent aggression. Ronald Press, 1959

Bandura, A. et al.: Transmission of aggression through imitation of aggressive models. Journal of Abnormal and Social Psychology 63, 1961

Bandura, A. et al.: Imitation of film-mediated aggressive models. Journal of Abnormal and Social Psychology 66, 1963

Iacoboni, M.: Neurobioloy of imitation. Current Opinion in Neurobiology 19, 2009

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.