Körperbild: Heilsamer Spiegeltrick
Ich war schon immer der Ansicht, dass sich jedes Phänomen mit einfachen wissenschaftlichen Mitteln ergründen lässt.« So brachte der Neurologe Vilayanur Subramanian Ramachandran sein Forscherethos einmal auf den Punkt. Ramachandran – von vielen seiner Kollegen kurz »Rama« genannt – kam 1951 im indischen Bundesstaat Tamil Nadu zur Welt. Sein Vater war von Haus aus Ingenieur, stand aber lange als Diplomat in den Diensten der Vereinten Nationen. Gemeinsam mit seiner Familie zog er häufig um, unter anderem nach Thailand. Der junge Vilayanur ging zunächst in Chennai zur Schule, der fast fünf Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt der Provinz Tamil Nadu, später in Bangkok. In seiner Heimat begann er anschließend Medizin zu studieren.
Während seiner Promotion am Trinity College in Cambridge (England), die er 1978 abschloss, entdeckte Ramachandran schließlich sein Faible für die Neuropsychologie. Er untersuchte die Ursachen von synästhetischen Wahrnehmungen und Phantomschmerzen sowie das Zusammenspiel von Körper, Geist und Bewusstsein. Heute lehrt Ramachandran als Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der University of California in San Diego, wo er seit 1998 das Center for Brain and Cognition leitet.
Hier wandte er sich zunehmend neurologischen Störungen zu, darunter dem Capgras-Syndrom (davon Betroffene halten nahestehende Personen für Doppelgänger) und Störungen des Körperbilds. Die oft sonderbaren Folgen von Amputationen weckten sein Interesse. »Fast 90 Prozent der Menschen, die eine Gliedmaße verloren haben, nehmen den fehlenden Körperteil danach wahr, als wäre er weiterhin vorhanden«, erklärt der Forscher. In rund zwei Dritteln der Fälle manifestiert sich dies als Schmerz, gegen den es lange kein Heilmittel gab. Wie sollte man auch einen Körperteil behandeln, der gar nicht mehr da war? …
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