Kosmologie: Trouble mit Hubble
Es ist st noch keine hundert Jahre her, dass unklar war, ob das Universum größer sei als das Milchstraßensystem. Erst im Jahr 1925 konnte Edwin Hubble die Entfernung zum »Andromedanebel« messen und dadurch belegen, dass dieser uns nächstgelegene große Nebel mehr als zwei Millionen Lichtjahre entfernt ist und damit weit außerhalb unserer Galaxis liegt.
Zu dieser Zeit war bereits bekannt, dass mit diesen Nebeln, die sich durch Hubbles Messung endgültig als Galaxien entpuppten, etwas nicht ganz stimmte. Bereits in den Jahren kurz vor und nach 1920 hatten sich Vesto Slipher in den USA und Carl Wirtz in Deutschland die einfache Frage gestellt, ob sich etwa gleich viele Galaxien auf uns zu wie von uns weg bewegten. Das wäre nur natürlich, wenn die Galaxien zufällige Geschwindigkeiten hätten. Zur Überraschung beider stellte sich jedoch heraus, dass bei Weitem die Mehrheit der Galaxien sich von uns entfernt, als ob sie auf der Flucht vor uns wäre. Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre konnte Hubble die Entfernungen zu ausreichend vielen Galaxien messen, um festzustellen, dass die Geschwindigkeit dieser Fluchtbewegung mit der Entfernung der Galaxien linear zunimmt, also derart, dass sich die Geschwindigkeit bei doppelter Entfernung verdoppelt. Die Geschwindigkeiten der Galaxien sind also zu deren Entfernung proportional. Die Proportionalitätskonstante wurde bald als Hubble-Konstante bezeichnet. Sie wird gewöhnlich durch H0 abgekürzt.
Die Hubble-Konstante gibt an, wie schnell sich eine Galaxie von uns fortbewegt, wenn sie eine bestimmte Entfernung hat. Sie hat daher die Bedeutung Geschwindigkeit/Entfernung und wird in den in der Astronomie und Kosmologie üblichen Einheiten in Kilometer pro Sekunde und Megaparsec (km s–1 Mpc–1) angegeben. Ihr Wert gibt demnach an, um wie viele Kilometer pro Sekunde eine Galaxie aufgrund der kosmischen Fluchtbewegung schneller wird, wenn sie ein Megaparsec (Mpc) weiter entfernt ist. Hubble selbst fand einen Wert nahe 500 km s–1 Mpc–1, der sich aber später als grob fehlerhaft erwies.
Nach Jahrzehnten einer langsamen Annäherung durch zahllose Messungen sind wir heute davon überzeugt, dass H0 etwa 70 km s–1 Mpc–1 beträgt. Kürzt man die beiden Längeneinheiten, erhält man einen Wert von ungefähr 2,2 10–18 s–1, der die Ausdehnungsrate des Universums beschreibt. Etwas anschaulicher kann man sie so deuten, dass ein Meterstab, wenn er an der kosmischen Ausdehnung teilnähme, pro Jahr um den Radius eines Wasserstoffatoms länger würde.
Geschwindigkeiten im Universum zu messen ist einfach. Dazu braucht ein Astronom einen Spektrografen und ein Objekt, in dessen Spektrum Fraunhofer-Linien identifiziert werden können. Diese Linien erscheinen bei etwas größeren oder kleineren Wellenlängen, als die Atomphysik sie vorgibt, wenn das Objekt sich von uns weg oder auf uns zu bewegt. Aus dem Betrag dieser Rot- oder Blauverschiebung ergibt sich direkt die Geschwindigkeit.
Das Problem dabei ist also nicht die Messung, sondern deren Deutung. Die Galaxien, die wir beobachten können, nehmen einerseits an der kosmischen Fluchtbewegung teil, haben andererseits aber auch Eigen- oder Pekuliargeschwindigkeiten (siehe Grafik unten). Diese kommen dadurch zustande, dass die Galaxien durch die Schwerkraft anderer Objekte in ihrer Nachbarschaft angezogen werden. Damit die Pekuliargeschwindigkeiten gegenüber den Hubble-Geschwindigkeiten unbedeutend werden, müssen die Galaxien mindestens etwa 50 Mpc von uns entfernt sein. Solche und noch wesentlich größere Entfernungen zu messen, ist die eigentliche Herausforderung bei der Bestimmung der Hubble-Konstante.
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