Hirnevolution: Wie macht man einen Faustkeil?
Meinen ersten Faustkeil schlug ich aus einem Feuerstein von einem Acker im südenglischen Sussex zurecht. Den Menschen, die in dieser Gegend vor einer halben Million Jahren lebten, hätte das Stück mit Sicherheit nicht imponiert. Am Fundplatz nahe Boxgrove hinterließen Vertreter von Homo heidelbergensis damals wesentlich eleganteres und perfekteres Werkzeug. Auf meinen Erstling bin ich trotzdem stolz. Man glaubt kaum, wie schwer so etwas zu machen ist.
Ich habe mich daran versucht, weil ich herausfinden möchte, wie in der menschlichen Evolution die Kultur-, Sprach- und Hirnentwicklung ineinandergriffen. Seit Jahrzehnten probieren Archäologen, handwerkliche Fertigkeiten prähistorischer Menschen nachzuahmen. Meine Forschungsrichtung hat in den letzten 15 Jahren faszinierende neue Wege eingeschlagen. In Zusammenarbeit mit Neurowissenschaftlern beobachten wir das Geschehen im Gehirn, wenn jemand lernt, steinzeitliches Gerät der verschiedenen kulturellen Entwicklungsphasen herzustellen – und dabei allmählich immer besser wird.
Der Ansatz hat die einst populäre, später von anderen Erklärungen verdrängte Vorstellung wiederbelebt, nach der die Werkzeugherstellung eine wichtige Triebfeder der menschlichen Evolution war, insbesondere auch der Hirnentwicklung. Der britische Anthropologe Kenneth Oakley (1911 – 1981) hatte diese These in seinem erstmals 1949 erschienenen Buch "Man the Tool-Maker" vertreten. Er hielt das Anfertigen von Werkzeug für die wesentliche Eigenschaft, aus der unser einzigartiges Vermögen erwuchs, geistige und körperliche Kräfte zu koordinieren. ...
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