Psychosen: Eine rätselhafte Verbindung
Seit den 1950er Jahren beobachten Wissenschaftler einen eigenartigen Zusammenhang: Wer blind geboren wird, scheint vor Schizophrenie geschützt zu sein. Weder in Psychiatrien oder Kliniken, die Blinde behandeln, noch in der Forschungsliteratur findet sich ein doppelt Betroffener. Dabei geht angeborene Blindheit häufig auf frühe Infektionen, Erbkrankheiten oder Hirnverletzungen zurück – allesamt Faktoren, die einzeln betrachtet eine Psychose sogar wahrscheinlicher machen.
Das scheinbare Paradoxon beschäftigt Forscher bis heute. So analysierte 2018 ein Team um die Epidemiologin Vera Morgan von der University of Western Australia Gesundheitsdaten von knapp einer halben Million Menschen, die zwischen 1980 und 2001 geboren wurden und bei der Untersuchung 14 bis 35 Jahre alt waren. Passend zu früheren Schätzungen hatten 0,4 Prozent von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt eine psychotische Erkrankung entwickelt. Die Wissenschaftler suchten nun aber gezielt nach Menschen, die blind geboren oder vor ihrem siebten Lebensjahr erblindet waren. Dabei unterschieden sie zwischen kortikaler Blindheit, bei der die Verarbeitung visueller Reize im Gehirn gestört ist, und peripherer Blindheit, bei der die Augen selbst das Problem darstellen – etwa bei grünem Star, Linsendefekten oder einer Ablösung der Netzhaut. Von den 613 Personen mit peripherer Blindheit hatten acht eine psychotische Störung entwickelt, was 0,2 Prozent entspricht. Von den 66 mit kortikaler Blindheit war kein einziger erkrankt…
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