Wissenschaft im Alltag: Der Rettungsraumanzug
Beim Sommerurlaub auf der Internationalen Raumstation wird auch die Reisekleidung im Preis mit inbegriffen sein: Amerikanische Astronauten tragen während des Fluges leuchtend rotorange Rettungsanzüge. Das war früher anders. Nach vier erfolgreichen Testflügen des Spaceshuttles trug die Besatzung nur noch einfache, übrigens blaue, Overalls und je eine Sauerstoffmaske. Da die Mannschaftskabine unter Druck stand, schienen sperrige Druckanzüge entbehrlich. Spezielle Rettungseinrichtungen waren ebenfalls nicht vorgesehen; im Notfall sollte das Raumschiff auf der nächstmöglichen Landebahn aufsetzen.
Für die Flüge 5 bis 24 reichte dieser minimalistische Ansatz aus. Doch die Explosion der Challenger 1986 schockte und ernüchterte. Seitdem schützt wieder ein Druckanzug bei Feuer, Eintauchen in kaltes Wasser und plötzlichem Druckverlust in der Kabine – der Anzug lässt je nach Außendruck automatisch Luft ein oder ab – bei Start und Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Die rotorange Signalfarbe zählt ebenso wie die integrierten Fallschirme, das Rettungsfloß, die Leuchtpistolen und die sonstige Ausstattung zu den Sicherheitsmerkmalen des Anzugs: Sie soll es den Suchtrupps erleichtern, die Astronauten im Ozean zu entdecken.
Hergestellt werden die Anzüge von der David Clark Company in Worcester (US-Bundesstaat Massachusetts). Bisher musste sich die Rettungsausrüstung zwar noch bei keiner Mission beweisen, doch unterzieht die amerikanische Marine, die die Fallschirme liefert, die Anzüge alle zwei Jahre ausgiebigen Falltests.
Übrigens...
- wurden vor der Erfindung des Teleskopstabs bevorzugt Zugpropellerraketen für den Notabsprung verwendet. Der Astronaut legte sich flach auf den Rücken und befestigte eine an seinem Anzug befindliche Abzugsleine an einer Rakete. Wenn die Rakete durch die Notausstiegsluke schoss, riss sie den Astronauten mit nach draußen – mit dem Zwölffachen der Schwerkraft.
- üben Besatzungen den Notabsprung auch in mit Körnern gefüllten Anzügen. Das simuliert die Kraftlosigkeit eines Astronauten, der lange schwerelos in einer Raumstation gelebt hat.
- waren die ersten Rettungsanzüge viel dicker und sperriger als heutige Modelle, denn statt Gore-Tex verwandten die Ingenieure urethanbeschichtetes Nylon.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 2001, Seite 100
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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