Wissenschaft im Alltag: Die Grippe-Impfung
Alljährlich sterben allein in Deutschland bis zu 7000 Menschen an den Folgen einer Grippe-Infektion, weltweit geht die Zahl möglicherweise in die Millionen, und besonders schwere Infektionswellen forderten ungleich mehr Opfer.
Das Virus verbreitet sich über Sekrettröpfchen, die vom Befallenen ausgehustet oder -geniest und dann von anderen mit der Atmung aufgenommen werden. Es dringt in Zellen ein und vermehrt sich dort. Eine Woche oder länger benötigt das Immunsystem, um die Infektion zu bekämpfen. Dieser Kampf schwächt den Erkrankten, und mitunter kommen Komplikationen wie eine Lungenentzündung hinzu.
Um der Gefahr vorzubeugen, empfehlen Ärzte eine Schutzimpfung. Sie trainiert das Immunsystem, den Gegenangriff bei Bedarf schnell zu starten und so eine Infektion rasch in den Griff zu bekommen. Weil das Virus aber ständig mutiert, muss jedes Jahr ein neuer Impfstoff entwickelt werden. Die Saison beginnt auf der Nordhalbkugel normalerweise im November und erreicht ihren Höhepunkt im Februar. Anhand der sich ausbreitenden Stämme empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jeweils drei Influenzastämme für den "Impfstoff-Cocktail" des kommenden Jahres. Bis spätestens Februar stellt die Organisation jedes Jahr pharmazeutischen Firmen die entsprechenden Impfstämme zur Verfügung.
Die Viren werden in befruchtete Hühnereier injiziert, wo sie sich vermehren. Jeder Virus-Stamm wird separat gezüchtet und mit dem Eiklar entnommen, gereinigt und inaktiviert. Danach mischt man die Stämme mit einer Trägerflüssigkeit und füllt sie in Glasampullen. Diese Produktion ist weitestgehend bis August abgeschlossen, und der Versand zu den Gesundheitsorganisationen spätestens im Oktober beendet.
Der Grippe-Impfstoff ist in gesunden Erwachsenen nur zu 70 bis 90 Prozent wirksam und noch etwas schlechter bei anderen Personengruppen. Zudem hält der Schutz nur ein halbes bis ein Jahr lang an.
Wussten Sie schon?
- Die Influenza ist in Deutschland pro Jahr für bis zu 28000 Krankenhauseinweisungen verantwortlich und kostet etwa 890 Millionen Mark für die medizinische Versorgung.
- Extreme genetische Veränderungen des Erregers können globale Pandemien zur Folge haben: An der "Spanischen Grippe" starben 1918/19 weltweit zwischen 20 und 40 Millionen Menschen. Die "Asiatische Grippe" (1957) und die "Hongkong-Grippe" (1968) forderten zusammen weltweit mehr als 1,5 Millionen Opfer (1968/69 gab es allein in der Bundesrepublik Deutschland 30000 Todesfälle).
- Die Biotechnologie-Firma Aviron in Mountain View (Kalifornien) hat klinische Phase-III-Studien eines abgeschwächten Lebendvirusimpfstoffes abgeschlossen, der in die Nase gesprüht wird und auf diesem Weg leichter und schmerzfreier als per Spritze zu verabreichen wäre.
- Laut einem Bericht der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) kann die tägliche Einnahme von Tamiflu (einem Medikament, das Influenzasymptome bei Erwachsenen mildert) den Ausbruch der Krankheit fast ebenso verhindern wie eine Impfung. Dennoch bleibt die Organisation bei ihrer Empfehlung zur Impfung.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2001, Seite 116
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben