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Wissenschaft im Alltag: Die Polymerase-Kettenreaktion


Als „Kopierverfahren“ für Erbsubstanz (DNA) ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) seit ihrer erstmaligen Beschreibung im Jahre 1985 zu einem wesentlichen Werkzeug molekularbiologischer Forschung geworden. Sie vervielfältigt selbst winzige Spuren von Erbsubstanz. Funde prähistorischer DNA lassen sich dann untersuchen, Krankheiten diagnostizieren oder die Täterschaft verdächtiger Personen feststellen.

Das englische Kürzel DNA steht im Deutschen für „Desoxyribonucleinsäure“, ein Molekül aus verketteten Nucleotiden, die als charakteristische Komponente jeweils eine der vier DNA-Basen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) oder Thymin (T) enthalten. Deren Abfolge dient als Alphabet des Le-bens, als verschlüsselte Bau-anweisung für jedes Protein. Normalerweise sind die Nucleotide in zwei einander komplementären Strängen angeordnet: Einem Adenin liegt immer ein Thymin gegenüber, einem Guanin ein Cytosin. Wasserstoffbrücken zwischen diesen Partnern verbinden beide Stränge, die sich zu der bekannten, 1953 postulierten Doppelhelix aufschrauben.

Um eine DNA-Probe, genauer gesagt ein bestimmtes zu untersuchendes Stück daraus zu vervielfältigen, wird sie erhitzt – alle gepaarten Stränge trennen sich. Sogenannte Starter kommen nun hinzu: kurze, synthetische DNA-Einzelstränge, die einem Anfangs- und einem Endabschnitt der zu vervielfältigenden DNA-Sequenz entsprechen. Beim Abkühlen der Mischung lagern sie sich an die jeweils komplementäre Stelle an. Hitzestabile Enzyme verlängern die Starter, bis zu jedem ursprünglichen Strang das entsprechende, vollständige Gegenstück vorliegt; diese DNA-„Polymerasen“ gewinnt man aus einem hitzeliebenden Bakterium (Thermus aquaticus). Die Bausteine zur Vervielfältigung liefern Desoxynucleosid-triphosphate.

Am Ende eines jeden, nur wenige Minuten dauernden Zyklus hat sich die Ausgangsmenge an Erbsubstanz verdoppelt. Aus einem Molekül werden somit nach 30 Zyklen (wenige Stunden später) etwa eine Milliarde identische Moleküle. Mittels PCR gelingt es heute beispielsweise, komplette Gene aus wenigen Zellen zu isolieren, selbst wenn deren Sequenzen nur stückweise bekannt sind.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 2000, Seite 117
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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