Wissenschaft im Alltag: Die Radarkontrolle
Auf Deutschlands Straßen fahren einer Umfrage zufolge achtzig Prozent der Verkehrsteilnehmer schneller, als es erlaubt ist. Das ist angesichts der möglichen Folgen eine traurige Bilanz: Lärmbelästigung und Sachschäden bei Verkehrsunfällen sind die harmlosesten – etwa die Hälfte aller Verkehrstoten geht zu Lasten von Rasern, das waren im vergangenen Jahr etwa 3500 Menschen. Sicherheitssysteme wie Airbag und ABS haben zwar die Zahl der Verkehrstoten insgesamt sinken lassen, verleiten aber wohl zu Raserei – die Zahl der Unfälle mit Sachschäden stieg. Immer häufiger werden deshalb bei der Verkehrsüberwachung modernste Radar- und Lasergeräte zur Geschwindigkeitskontrolle eingesetzt.
Beide senden aktiv Signale aus, die vom Fahrzeug reflektiert und dann wieder empfangen werden. Veränderungen erlauben Rückschlüsse auf die fragliche Geschwindigkeit. Radargeräte, die ein enges Bündel von Mikrowellen aussenden, sind entweder am Straßenrand fest montiert, messen überholende Fahrzeuge aus dem Heckfenster einer im Verkehrsfluss mitfahrenden Polizeistreife oder werden als Radarpistolen in der Hand gehalten. Die ersten, Anfang der 1950er Jahre verwendeten Systeme emittierten noch 9,4-Gigahertz-Wellen. Heutige arbeiten mit Frequenzen von 13,4 bis 34,36 Gigahertz – der Abtaststrahl ist dann schmaler und das Anpeilen mit Radarpistolen fällt somit leichter. Eine einwandfreie Geschwindigkeitsmessung verlangt trotz aller technischer Fortschritte außer der Eichung eine korrekte Handhabung des Geräts. Messfehler sind möglich, insbesondere dann, wenn der Radarstrahl vom Fahrzeug nicht direkt zurückgeworfen, sondern mehrfach reflektiert wird. Würde er beispielsweise zunächst eine Mauer treffen, danach noch einmal das fragliche Automobil und erst dann den Empfänger, ergäbe die Messung eine doppelt so hohe Geschwindigkeit.
Seit den 1990er Jahren kommen auch Lasergeräte bei der Geschwindigkeitsmessung zum Einsatz. Weil ein Lichtstrahl weniger streut als Radarwellen, kann er einzelne Fahrzeuge bei hoher Verkehrsdichte sicherer selektieren. Gravierende Messfehler entstehen aber, wenn die Impulse auf einen parallel zur Fahrbahn ausgerichteten Teil des Objekts wie Längsseite oder Motorhaube treffen und die Laserpistole zudem leicht bewegt wird. Trifft nämlich der zweite Laserimpuls weiter hinten auf das Auto als der erste, misst das Gerät nicht nur die tatsächlich vom Fahrer zurückgelegte Strecke, sondern zusätzlich die Distanz zwischen den beiden Auftreffpunkten – eine zu hohe Geschwindigkeitsangabe ist die Folge. Die Polizei ist deshalb angehalten, nur auf quer zur Fahrtrichtung stehende Teile (Nummernschild) zu zielen.
Wussten Sie schon ... ?
- Messfehler sollen sich nicht zu Lasten der Autofahrer auswirken: Drei Kilometer pro Stunde werden bei einer gemessenen Geschwindigkeit bis zu 100 Kilometer pro Stunde automatisch abgezogen. Liegt der Wert darüber, werden drei Prozent vom Messwert erlassen.
- Überhöhte Geschwindigkeit wird in der BRD normalerweise als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einer Geldbuße zwischen 10 und 425 Euro bestraft. Überschreitet die Geschwindigkeit das jeweilige Limit um 31 Kilometer pro Stunde, droht zusätzlich ein Fahrverbot von maximal drei Monaten.
- Radarwarngeräte erkennen den Messstrahl einer Geschwindigkeitskontrolle. Seit dem neuen Telekommunikationsgesetz von 1996 ist der Betrieb zwar nicht mehr strafbar, in den meisten Bundesländern gelten sie aber als "Störung der polizeilichen Arbeit" und können ersatzlos konfisziert werden.
- Nach Möglichkeit werden die Geräte mit einer Foto- oder Videokamera gekoppelt (ansonsten muss eine Polizeistreife den zu schnell Fahrenden sofort stellen). Falls die Bildqualität eine eindeutige Identifizierung nicht ermöglicht, dürfen die ermittelnden Beamten Nachbarn oder Arbeitskollegen ein Foto des verdächtigten Fahrzeughalters vorlegen.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 2002, Seite 78
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