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Wissenschaft im Alltag: Fahrnavigation



Längst verraten Navigationssysteme nicht nur in hochpreisigen Limousinen den günstigsten Weg von A nach B. Die momentane Position berechnen sie während der Fahrt aus einer Vielzahl von Informationen: Aus den Signalen von GPS-Satelliten (Global Positioning System) lassen sich die aktuellen Koordinaten auf hundert Meter genau errechnen; die Daten von Tachosensor, bordeigenem Gyroskop und Kompass verbessern die Ortung anhand von Geschwindigkeit und Fahrtrichtung auf wenige Meter. Das Navigationssystem vergleicht die Resultate mit elektronisch gespeicherten Karten. Weil es die Position im Sekundentakt neu bestimmt, erkennt das Gerät eine nahende Kreuzung und bemerkt falsches Abbiegen.

Per Fernbedienung oder Spracherkennung gibt der Fahrer einen Ort, eine Straße oder eine Sehenswürdigkeit ein. Manche Datenbanken enthalten sogar bekannte Restaurants. Die Software sucht alle möglichen Wege zwischen Ausgangs- und Zielpunkt und berechnet die schnellste Strecke. Dabei berücksichtigt sie zusätzliche Informationen etwa über den Straßenzustand oder Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ein Display zeigt die Anweisungen an den Fahrer durch Piktogramme und Pfeile an, teurere Geräte haben Monitore, die alle Informationen in Straßenkarten einblenden.

Zusätzlich gibt eine computergenerierte Stimme während der Fahrt Anweisungen wie: "Die nächste Straße rechts abbiegen!" Das darf freilich weder zu früh noch zu spät erfolgen. Niemand möchte eine Minute lang immer wieder hören: "Bereiten Sie sich auf das Rechtsabbiegen vor!" genauso wenig wie "Biegen Sie jetzt sofort rechts ab!" Das Programm benutzt deshalb spezielle Algorithmen, um die sich ständig verändernden Daten über die Fahrzeugbewegung mit dem Kartenmaterial in Einklang zu bringen und dabei den besten Zeitpunkt für Anweisungen zu bestimmen.

Sollen die Kommandos brauchbar sein, muss der Rechner auf genaues und aktuelles Kartenmaterial zurückgreifen können. Navigation Technologies aus Chicago erstellt für einen Großteil Europas – auch für Deutschland – und für die USA die erforderlichen Karten. Bei jedem neuen Gebiet greift das Unternehmen zuerst auf offizielle Produkte zurück, lässt sie jedoch durch eine Heerschar von Kundschaftern verbessern, die jedes Stückchen Straße abfahren und jede einzelne von 150 auswählbaren Besonderheiten ergänzen wie Stoppschilder, Einschränkungen beim Abbiegen an Kreuzungen oder Einschnitte an Gehsteigen für Parkbuchten.


Wussten Sie schon ... ?


- Ende 2001 waren etwa 1,7 Millionen Autos in Deutschland mit einem Navigationssystem ausgestattet. Solche Systeme kosteten Anfang dieses Jahres je nach Typ zwischen 1200 und 3000 Euro. Marktforscher gehen davon aus, dass der Preis auf etwa 750 Euro sinken kann.

- Es ist zwar prinzipiell möglich, die idealste Strecke zu bestimmen, doch der dafür erforderliche Rechenaufwand wäre zu hoch. Jeder Hersteller verwendet deshalb Algorithmen, die in einer annehmbaren Zeit, typischerweise zehn Sekunden, eine möglichst gute Verbindung finden.

- Im Jahr 2008 soll das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo in Betrieb gehen. Mit dreißig Satelliten kann die Position auf zwei Meter genau bestimmt werden. Bei dem für militärische Zwecke konzipierten amerikanischen GPS werden die Signale künstlich verschlechtert; zudem kann der Zugang im Krisenfall abgeschalt werden.

- Dynamische Navigation hilft dem Fahrer, Staus auf Straßen zu umfahren. Das Navigationssystem nutzt dazu entweder den in Deutschland fast flächendeckend vorhandenen Verkehrsinfodienst TMC (Traffic Message Channel) über UKW oder die Telematik-Stauinfodienste über Mobilfunk. Das Navigationssystem führt den Fahrer dann entlang der vom Verkehrsfunk vorgeschlagenen Alternativroute.

- Tragbare Navigationssysteme sind prinzipiell technisch machbar. Die Hersteller von Taschencomputern oder Organizern müssten den Speicherplatz ihrer Geräte auf mindestens 500 Megabytes erhöhen und eine GPS-Ausrüstung einbauen. Dann könnten sich beispielsweise Touristen anzeigen lassen, wie sie eine Sehenswürdigkeit erreichen, Geschäftsleute wüssten, mit welcher U-Bahn sie am schnellsten ihren Gesprächstermin erreichen. So ein Gerät könnte auch ein fest in ein Fahrzeug eingebautes Navigationsgerät überflüssig machen. Bernoulli und IBM bieten bereits ein Gigabyte fassende Mini-Festplatten für Organizer an.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 2002, Seite 86
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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