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Wissenschaft im Alltag: Mineralwasser

Aus der Quelle in die Flasche


Mal still, mal mit Kohlensäure, im Gehalt an Mineralien variierend – das Lebensmittel Mineralwasser gibt es in Deutschland in sonst seltener Vielfalt. Im Unterschied zum Tafelwasser muss es direkt aus einem unterirdischen Vorkommen stammen. Es darf keinerlei Verunreinigung zeigen, denn Verordnungen untersagen die Desinfizierung von Mineralwässern. Erlaubt sind lediglich das Herausfiltern bestimmter Inhaltsstoffe – etwa von Eisen – und der Zusatz von Kohlensäure. Das Nass muss auch direkt am Quellort auf Flaschen gefüllt werden, das Zapfen etwa aus Fässern wie bei Limonaden oder Tafelwässern in der Gastronomie ist verboten.

Dass dieses Naturprodukt zum Lebensmittel avancierte, verdankt es dem langen und in der Werbung viel gepriesenen Weg aus der Tiefe: Bis die Regentropfen durch die Erdschichten in die Wasser führenden Schichten in meist 100 bis 200 Meter Tiefe, in Einzelfällen auch in bis zu 1000 Meter, gelangen, vergehen Jahrzehnte bis Jahrtausende. In dieser Zeit wird das Wasser immer wieder von den verschiedenen Gesteinsschichten filtriert und mit Mineralien sowie Spurenelementen angereichert. In vulkanischen Erdformationen nimmt das einsickernde Wasser darüber hinaus auch noch natürliche Kohlensäure aus dem erstarrten Magma auf. Je nach den geologischen Gegebenheiten unterscheiden sich die Produkte deshalb in ihrer Zusammensetzung. So gewinnen Abfüller in der Vulkaneifel vorwiegend Mineralwässer mit sehr hohem Kalzium- und Magnesiumgehalt, Salzlagervorkommen hingegen setzen Chlorid zu.

Etwa hundert Liter Mineralwasser trinkt der Deutsche im Durchschnitt pro Jahr. Den täglichen Bedarf an Flüssigkeit von etwa 2,5 Litern decken lediglich Kräutertees unter physiologischen Aspekten ebenso wirkungsvoll.

Nachweislich schätzten schon die Römer und Germanen den Durstlöscher. Im 19. Jahrhundert waren Trinkkuren beim wohlhabenden Bürgertum beliebt und es entstanden die ersten Kurbäder. Man nutzte Quellen, die artesisch, das heißt mit eigenem Wasserdruck ohne technische Förderung an die Oberfläche sprudelten. Zum Transport und zur Bevorratung dienten Tonkrüge, die mit Siegellack verschlossen wurden. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts erlaubten moderne Bohrtechniken die Erschließung und Nutzung nicht-artesischer Quellen. Zudem kamen Glasflaschen mit Bügelverschluss auf.

Der wirtschaftlichere und für die Großserienproduktion besser geeignete Schraubverschluss aus Aluminium setzte sich ab 1969 durch, damals entstand auch die 0,7-Liter-Glasflasche mit perlenartiger Oberflächenzier. In den vergangenen zwanzig Jahren drängte dann die PET (Polyethylenterephtalat)-Flasche auf den Markt, seit etwa fünf Jahren genügt die Qualität dieses Kunststoffs den Anforderungen der Mineralwasser-Abfüller. Der Vorteil für den Verbraucher: geringeres Gewicht. Die Hersteller profitieren von der guten Formbarkeit des Materials: Mit vergleichsweise geringem maschinellem Aufwand lassen sich Flaschen produzieren, deren Design beispielsweise ein neues Markenimage verkörpert.


Wussten Sie schon?


- Mineralwasser ist das einzige Lebensmittel, das vor dem Verkauf eine amtliche Anerkennung benötigt. Gewinnung, Abfüllung und sämtliche Qualitätsparameter müssen genau beschrieben sein und dürfen später nicht von der Verordnung abweichen.

- Bei Einführung des Schraubverschlusses 1969 erwarteten die Abfüller, dass der Verbraucher die Kapseln entsorgen würde. Doch das Leergut kam samt Verschlüssen zurück. Weil es keine Maschinen gab, diese automatisch zu entfernen, wurden in aller Eile Provisorien aus Metallfeilen installiert: Sie drehten die Kapsel durch Reibung ab. Bald erkannten die Produzenten aber den Vorteil der Verschlüsse: Sie schützen das empfindliche Außengewinde der Flaschen beim Rücktransport.

- Der Begriff "enteisent", der auf vielen Flaschen prangt, bedeutet nicht, dass dem menschlichen Körper beim Genuss Eisen entzogen wird (dies wäre "enteisend"). Vielmehr kennzeichnet er eine Vorbehandlung des Wassers: Weil Eisen oxidieren, sprich rosten kann und damit das Produkt trüben würde, entfernt man es vor dem Abfüllen meist durch Filtration über Quarzkies und -sand.

- Jährlich werden mehr als 10 Milliarden Glas- und PET-Flaschen (auf Grund der großen Vielzahl an Flaschentypen liegen leider keine genauen Zahlen vor) von den Mineralwasserunternehmen zurückgenommen, gereinigt und wiederbefüllt. Dabei fallen zirka 10000 Tonnen Aluminium und 4500 Tonnen PET aus den Verschlüssen an; sie werden in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 2003, Seite 56
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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