Wissenschaft im Alltag: Touchscreens
Bildschirme mit Fingerspitzengefühl
Ob Fahrkartenautomat, Supermarktkasse oder Schaltpult, berührungsempfindliche Bildschirme, so genannte Touchscreens, sind weit verbreitet. Ein halbes Dutzend Anbieter sowie die entsprechenden Geschäftsbereiche von großen Herstellern produzierten im Jahr 2000 zusammen Geräte für insgesamt 800 Millionen Dollar – und der Markt wächst, denn diese Mensch-Maschine-Schnittstellen sind einfach zu handhaben, langlebig und preisgünstig. Sensorbildschirme arbeiten nach jeweils einem von drei physikalischen Prinzipien, um den Punkt zu bestimmen, an dem man sie berührt. Da gibt es die Bauweise mit Ohm?schem Widerstand – tippt man mit dem Finger oder dem Stift auf den Bildschirm, entsteht eine Spannung. Bei den kapazitiven Modellen nimmt die Fingerspitze einen winzigen Stromfluss auf (die Methode wird oft für Mousepads bei Notebooks verwendet). Bei der dritten Bildschirmart unterbricht der Finger oder Stift ein Muster von stehenden akustischen oder Infrarot-Wellen auf der Oberfläche des Schirms und nimmt Energie auf.
Das Widerstandsprinzip ist älter und verbreiteter als die beiden anderen, zudem liefert es die billigsten Modelle und funktioniert sowohl mit Finger- als auch mit Stift-Berührung. Kapazitive Bildschirme hingegen erfordern einen Strom leitenden "Gegenstand" wie den Finger. Bei den noch ziemlich teuren Bildschirmen mit akustischen Oberflächenwellen muss ein weiches Objekt wie ein Radiergummi oder eben wieder der Finger Energie aufnehmen. Bildschirme mit Infrarot-Oberflächenwellen stellen keinerlei Ansprüche, sind aber ebenfalls recht teuer. Je nach Anwendung wird der Entwickler die verschiedenen Vor- und Nachteile abwägen. Gängige Kombinationen sind: Bildschirme auf Widerstandsbasis für Industrieschaltpulte und Westentaschencomputer; kapazitive Monitore für Spielautomaten; Touchscreens mit Oberflächenwellen für Geldautomaten und Infoterminals.
Wie funktioniert mein Bildschirm?
Um herauszufinden, nach welchem Prinzip ein Touchscreen arbeitet, drücken Sie sanft mit den Fingernägeln auf den Schirm (ohne Hautkontakt). Er könnte auf Widerstands- oder Infrarotbasis arbeiten, wenn er reagiert, andernfalls kapazitiv oder mit akustischen Wellen. Nun berühren Sie den Schirm mit zwei Fingern zur gleichen Zeit. Bewegt sich der Cursor unter einem davon, spricht das für Infrarot oder Akustik als Arbeitsprinzip, denn die Software hat die erste Berührung registriert. Taucht der Cursor zwischen beiden Fingern auf, deutet das auf Widerstands- oder Kapazitätsmessung, denn der Punkt wurde durch Mittelung bestimmt.
Wussten Sie, dass ... ?
- das Chaos um die Nachzählung der US-Präsidentenwahl in Florida nach Ansicht einschlägiger Hersteller durch Wählmaschinen mit berührungsempfindlichen Bildschirmen hätte vermieden werden können?
– der Biologe Ken Marten vom Sea Life Park in Hawaii den ersten unterwassertauglichen Infrarot-Sensorschirm verwendet, um mit Delfinen zu kommunizieren? Der Computer erzeugt delfinähnliche Pfeif- und Klicktöne. Auf dem Bildschirm können die Delfine Bilder mit ihren Nasen berühren. Wenn dann einer die Computertöne für "hinauf" nachahmt und gleich darauf nach oben schwimmt, ist ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen Sprache getan.
– Bill Colwell, Ingenieur bei Elo TouchSystems, im Jahr 1977 den ersten berührungsempfindlichen Bildschirm auf Widerstandsbasis entwickelte? Aber erst das später erteilte Patent für die "Polyesterpunkte", die die einzelnen Schichten des Schirms voneinander trennen, war der Schlüssel für die Vermarktung Anfang der achtziger Jahre.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2001, Seite 108
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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