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Wissenschaft im Alltag: Wetterbeobachtung mit Radar



Wer den Wetterbericht im Fernsehen aufmerksam verfolgt, kennt die bunten Bilder der Niederschlagsverteilung über Deutschland. Ihnen liegen die Daten eines ungewöhnlichen Messgeräts zu Grunde: des Wetterradars. Wie seine Verwandten in Luft- und Schifffahrt sendet es in kurzen Abständen Pulse elektromagnetischer Strahlung aus und empfängt die von Objekten zurückgeworfenen Signale (Radar: radio detection and ranging). Aus der Zeit, die ein Puls unterwegs war, lässt sich die Entfernung zum Objekt berechnen.

Das Besondere an diesem System sind die Objekte: Regentropfen. Damit sie die Pulse ausreichend reflektieren, arbeitet ein Wetterradar mit kleineren Wellenlängen als seine Verwandten etwa in der Luftfahrt. Zu klein dürfen sie allerdings nicht sein, da die Wellen sonst von Wolkentröpfchen zu stark gedämpft würden. Die Wahl fiel deshalb auf die so genannten X-, C- und S-Bänder mit Wellenlängen zwischen 2,5 und 15 Zentimetern.

Mit dem Wetterradar lässt sich die räumliche Verteilung der Niederschlagsmenge in einem Umkreis von etwa hundert Kilometern gut aufgelöst erfassen. Grenzen setzt unter anderem die Erdkrümmung: Ein waagerecht ausgesandter Strahl entfernt sich mehr und mehr von der Erdoberfläche, sodass er zwangsläufig irgendwann über jeden Niederschlag hinwegschaut. Schon ein im Winkel von einem halben Grad ausgesandter Strahl tastet in hundert Kilometer Entfernung den Bereich zwischen 800 und 2700 Meter Höhe ab – im Winter kann dort leichter Schneefall herrschen, der Regen fällt weiter unten. Hinzu kommt, dass Eisteilchen bei gleichem Wassergehalt deutlich weniger reflektieren als flüssige Regentropfen, Mischteilchen aus Eis und Wasser dagegen überproportional stark. Es wäre deshalb wichtig zu wissen, ob unter-, inner- und oberhalb der Schmelzschicht gemessen wurde, in der Schnee und Graupel zu Regen werden. Ein weiteres Problem sind Berge und Gebäude in der Umgebung des Geräts, da sie starke "Echos" geben und alles hinter ihnen Liegende abschatten.

Um die Messdaten zu eichen, messen Stationen am Boden die Niederschlagsmenge mit so genannten Regenwippen: Die obere Seite der Wippe läuft voll, bis sie umschlägt und dabei einen elektrischen Impuls auslöst. Hat man die Daten eines Radars so gut wie möglich aufbereitet, kann man sie mit denen anderer Standorte – in Deutschland betreibt der Deutsche Wetterdienst insgesamt 16 – zu einem Komposit vereinen.

Meteorologen versuchen aus den aktuellen Radarmessungen den Niederschlag kurzfristig vorherzusagen. Im einfachsten Fall extrapoliert man dazu die Zugbahnen der einzelnen Niederschlagszellen und berücksichtigt gegebenenfalls noch die zeitliche Entwicklung ihrer Intensität. Doch im besten Fall lässt sich der Niederschlag auf diese Weise eine Stunde vorhersagen, im ungünstigsten Fall gar nicht. Deshalb sollen die Daten direkt in Wettervorhersagemodelle eingehen, die auf physikalischen Gesetzen des Wettergeschehens beruhen. Sowohl die Modelle als auch die Computer, auf denen sie laufen, setzen dem Vorhaben Grenzen.

Wussten Sie schon?


-Um Hagel und Regen zu unterscheiden, senden und empfangen Forschungsradare horizontal und vertikal polarisierte Mikrowellen. Da Regentropfen eine gleichmäßige, unten abgeplattete Form haben und während des Falls wenig taumeln, reflektieren sie erstere Strahlung stärker.
-Radargeräte erforschen auch die Feinstruktur von Wolken. Sie arbeiten mit geringeren Wellenlängen als ein Niederschlagsradar, damit die Pulse von den winzigen Wolkentröpfchen (Durchmesser weniger als ein Millimeter) reflektiert werden. Weil diese Wellen sehr stark gedämpft werden, "blicken" diese Geräte meist senkrecht nach oben und vermessen vertikale Wolkenprofile.
-Auch die Betreiber von Talsperren und Stadtentwässerungssystemen wollen Radardaten nutzen, um zeitiger auf Stark­niederschläge reagieren zu können. In Pilotprojekten gehen solche Daten direkt in hydrologische Abflussmodelle ein, die dann vor anschwellenden Flüssen oder überlaufenden Staubecken warnen.
-Ein so genanntes Lidar (light detection and ranging) schickt gepulste Laserstrahlen senkrecht oder leicht geneigt von unten in die Atmosphäre und misst wie ein Radar die Reflexionen und deren Laufzeiten. Aus diesem Signal kann man vor allem die Unterkante der untersten Wolkenschicht bestimmen.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 2003, Seite 64
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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