Astronomie: Das Geheimnis der Chondren
Am 6. Dezember 2020 durchstieß eine toastergroße Kapsel mit einer Geschwindigkeit von zwölf Kilometern pro Sekunde die Erdatmosphäre, heizte sich dabei auf Temperaturen von 3000 Grad Celsius auf und fiel schließlich, von Fallschirmen gebremst, auf den Boden des australischen Outback. Sofort eilte ein Bergungsteam per Hubschrauber zum Landeplatz, um die wertvolle Fracht an sich zu nehmen: Bröckchen eines Asteroiden. Die japanische Raumfahrtbehörde JAXA hatte die Sonde ihrer Hayabusa-2-Mission zum Millionen Kilometer entfernten Asteroiden Ryugu gesteuert und mehrere Gramm Gesteinsstücke mitbringen lassen. Es war erst das zweite Mal, dass so ein Unterfangen gelungen ist; die Vorgängermission Hayabusa lieferte 2010 immerhin etwas Staub von der Oberfläche eines anderen Asteroiden.
Mit den Proben wollen Astronominnen und Astronomen grundlegende Fragen zur Geschichte des Sonnensystems und der Erde beantworten, etwa wie alt Himmelskörper wie Ryugu sind und wie viel Wasser und organisches Material in ihnen steckt. Könnten sie vor Milliarden von Jahren die Bausteine für das Leben gebracht haben?
Unterdessen beschäftigen sich Forschungsgruppen mit einer vorderhand weniger schlagzeilenträchtigen Angelegenheit. Sie wollen klären, ob die von Hayabusa 2 mitgebrachten Proben etwas enthalten, das in fast allen bekannten Meteoriten vorkommt: kleinste Gesteinskügelchen von bis zu wenigen Millimetern Durchmesser. Bisher war niemand in der Lage, ihre Herkunft eindeutig zu klären. Je nachdem, wie die Antwort lautet, sind die möglichen Konsequenzen allerdings gewaltig. Es geht dabei um die Details der Prozesse, bei denen alle Himmelskörper im Umfeld der Sonne hervorgegangen sind. Für unser Verständnis der Vorgänge gibt es vielleicht nichts Wichtigeres als das Geheimnis der so genannten Chondren …
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