Interview : "Wir finden oft, was wir nicht suchen"
Frau Professor Erdelez, Serendipität ist ein ziemlich ungewöhnliches Forschungsgebiet. Wie kamen Sie dazu?
Anfang der 1990er Jahre suchte ich als Fulbright-Stipendiatin in den USA einen Betreuer für meine Doktorarbeit. Als Juristin wollte ich auf dem damals noch jungen Gebiet des Computerrechts promovieren, aber ich fand niemand Passenden. Ein Kollege gab mir den Tipp, mich an der Syracuse University umzusehen, wo es damals schon einen eigenen Lehrstuhl für IT-Recht gab. Am Ende landete ich in einem Projekt, das untersuchte, wie Kleinunternehmer zu ihren Geschäftsideen kamen. Wie sich bald herausstellte, griffen diese Leute oft Anregungen auf, die sie gar nicht gesucht hatten. Das entsprach keinem der gängigen Modelle, aber umso mehr meinem eigenen Verhalten. Meine Doktormutter Marta Dosa sagte, das ist Serendipität. Seren…– was?, antwortete ich. Ich hatte noch nie davon gehört. Seither erforsche ich, wann und wieso Menschen, die auf dem einen Feld nach etwas suchen, plötzlich auf einem ganz anderen fündig werden.
Ist Ihre Laufbahn so gesehen selbst ein Produkt der Serendipität?
Ja. Viele Leute glauben, man müsse ganz geradlinig und strategisch vorgehen, um es zu etwas zu bringen. Dabei stolpern wir doch eher über Zufälle, die unserem Leben eine entscheidende Wendung geben. So war es auch bei mir. (lacht)
Sie haben Menschen über die Glücksfälle ihres Lebens interviewt. Was waren das für Leute, und was berichteten sie Ihnen?
Nach meinem ersten Interview mit Firmengründern wollte ich eine breitere Stichprobe untersuchen. An den meisten Studien nehmen ja nur Studierende teil, ich rekrutierte dagegen auch Arbeiter, Selbstständige, Hausfrauen und so weiter. ...
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