Evolution: Zum Laufen geboren
An einem diesigen Morgen vor 20 Jahren in Uganda erblickte ich in den üppigen Baumkronen über mir plötzlich eine Gruppe schlafender Schimpansen. Unser Team – drei Forscher und zwei Feldassistenten – war schon seit einer Stunde auf den Beinen. Schlaftrunken, in Gummistiefeln, mit hastig geschnürten Rucksäcken und ausgerüstet mit Stirnlampen, hatten wir uns über schlammige Pfade gequält. Nun, am Ziel angekommen, schalteten wir unsere Lampen aus und bemühten uns, keinerlei Geräusch zu machen, damit die Menschenaffen über uns nicht aufwachten. Sie schnauften und wälzten sich in ihren Laubnestern in 30 Meter Höhe, während uns der dunkle Ozean aus Bäumen einhüllte.
Als junger Doktorand, der über die Evolution der Menschenaffen forschte, war ich in jenem Sommer im Kibale-Nationalpark unterwegs, um zu untersuchen, wie viel Schimpansen täglich klettern. Ich vermutete damals, dass die Energie, die die Tiere dafür aufzuwenden haben, ein wichtiges Selektionskriterium sein müsse und die Evolution sicherlich darauf hingewirkt habe, den Körperbau der Schimpansen in Richtung effizienteren Kletterns zu verändern. Das – so glaubte ich jedenfalls – würde den Kalorienumsatz senken, der für Körperbewegungen erforderlich ist, und somit mehr Ressourcen für die Fortpflanzung und andere lebenswichtige Aufgaben bereitstellen. An meinem Schreibtisch an der Harvard University hatte ich mir Affen vorgestellt, die permanent ums Überleben kämpfen und sich dabei täglich aufs Härteste abmühen.
In besagtem Sommer jedoch, als ich Schimpansen intensiv beobachtete und ihnen von früh bis spät folgte, kam ich zu einem anderen Schluss. Ich stellte fest, dass die Tiere jede Menge Zeit mit Faulenzen verbringen. Und es sollten noch einmal viele Jahre vergehen, bis mir klar wurde, was dies über die Evolution des Menschen aussagt …
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