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Levante: 12 000 Jahre alte Flöten, die Vogelrufe imitieren

Aus Tierknochen fertigten die Menschen einer Steinzeitkultur kleine Blasinstrumente. Experimente mit Kopien zeigen: Die Flöten aus Israel eignen sich nicht nur, um Musik zu machen.
Steinzeitflöten aus Eynan-Mallaha in Israel
Überreste von sieben Blasinstrumenten aus Vogelknochen kamen in Nordisrael ans Licht. Die Flöte rechts (7) ist als einzige vollständig erhalten.

Archäologen haben mehr als 12 000 Jahre alte Blasinstrumente aus Vogelknochen am israelischen Fundplatz Eynan-Mallaha entdeckt. Wie die Forschergruppe um Laurent Davin von der Hebrew University in Jerusalem im Fachblatt »Scientific Reports« berichtet, dienten die sieben Flöten womöglich als Musikinstrumente sowie als Lockrufpfeife für Greifvögel und Falken. In der Region im östlichen Mittelmeergebiet stellen die Funde die bisher ältesten bekannten Blasinstrumente dar.

An dem Fundort in Nordisrael lebten einst Menschen der Natufien-Kultur, die vor 11 700 bis 15 000 Jahren in der Levante siedelte. Während dieser Phase gingen die Jäger und Sammler allmählich zu einer sesshaften Lebensweise über. Bei ihren Grabungen in Eynan-Mallaha dokumentierten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mehr als 1100 Vogelknochen, die vor allem von Wasservögeln, zum Teil auch von Greifvögeln stammen. Unter den Funden entdeckten sie nun eine vollständig erhaltene Knochenflöte sowie Fragmente von sechs weiteren.

In diese Flügelknochen von Krickenten (Anas crecca) und Blässhühnern (Fulica atra) waren Fingerlöcher und am Gebeinende Mundstücke geschnitten worden. Zudem zeichnen sich an den teils mit Ocker verzierten Flöten Gebrauchsspuren ab; die Menschen des Natufien hatten auf den Instrumenten also wohl tatsächlich gespielt. Dem Team um Davin fiel außerdem auf, dass die Knochen jener Wasservögel nicht sehr häufig im Fundensemble von Eynan-Mallaha vorkommen und, verglichen mit den anderen Stücken, eher klein sind. So misst die vollständige Flöte lediglich 6,3 Zentimeter in der Länge. »Die Wahl kurzer und schmaler Vogelknochen als Rohlinge für Blasinstrumente scheint also eine bewusste Entscheidung gewesen zu sein«, heißt es in der Studie. Womöglich, so vermuten die Forschenden, sollten die Flöten einen bestimmten Ton erzeugen.

Davin und sein Team fertigten daher Imitate der Steinzeitflöten an, bei denen es sich um Kerbflöten gehandelt habe, wie sie heute noch als so genannte Quena in der Andenregion bekannt seien. Diese werden senkrecht gehalten und ähnlich einer Querflöte geblasen. Experimente mit den Kopien ergaben nun, dass Tonhöhe und Klangfarbe den Lauten bestimmter Vogelarten ähneln: den des Turmfalken (Falco tinnunculus) und des Sperbers (Accipiter nisus). Von beiden Spezies sind aus Eynan-Mallaha mehrere Krallen überliefert – diese trugen die damaligen Menschen womöglich als Schmuck. »Wir gehen daher davon aus, dass die Musikinstrumente aus Eynan-Mallaha die Rufe des als wertvoll erachteten Turmfalken und des Sperbers wiedergeben sollten«, schreibt die Forschergruppe. Ebenso sei auf Grund ethnologischer Vergleiche anzunehmen, dass die Vogellaute die Musik für Tänze und Rituale bereicherten.

Ähnliche Flöten entdeckten Archäologen auch in Mitteleuropa. In Höhlen der Schwäbischen Alb fanden sie bei Ausgrabungen mehrere Flöten, die aus Mammutelfenbein oder den Knochen von Schwänen und Gänsegeiern gefertigt wurden. Die Objekte stammen aus der jüngeren Altsteinzeit und sind bis zu 40 000 Jahre alt. Zusammen mit rund 50 geschnitzten Tierfiguren gehören sie zu den ältesten Kunstwerken und Musikinstrumenten der Menschheit.

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