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Einzigartiger Fund im Harz: 700 Jahre alter Holzschacht erhellt mittelalterlichen Bergbau

Bergbaustollen am Rammelsberg

Der Abbau von silberhaltigem Kupfererz genießt eine jahrhundertealte Tradition am Rammelsberg. Bei Ausgrabungen des alten Erzlagers im Harz stießen Forscher auf einen rund 700 Jahre alten Schacht, auf den ein mit Brettern ausgeschlagener Stollen zuführt. Die einzigartige Holzkonstruktion ist nicht nur besonders gut erhalten, sie gewährt auch neue Einblicke in die Geschichte des mittelalterlichen Bergbaus.

Rund 700 Jahre ... | ... hat der alte Bergbauschacht samt Stollen in erstaunlich gutem Zustand überstanden. Die schräg liegenden Bretter (im Vordergrund) standen einst aufrecht an der Schachtwand. Die zahlreichen Holzstämme im Hintergrund stützten die Decke des Stollens.

"Ursprünglich begann der Erzabbau in der Region als Tagebau", erklärt Lothar Klappauf vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege. "Erst als alle Rohstoffe an der Oberfläche abgetragen waren und man mit einfachen Mitteln nicht mehr tief genug kam, wich man auf den untertägigen Bergbau aus." Wann dieser Wechsel begann, ist nach wie vor ungewiss, allerdings kennt man bereits aus dem 12. Jahrhundert Schächte, die eine Tiefe von bis zu 80 Metern erreichten. Die alte Tagebaufurche wurde währenddessen als Abfallgrube benutzt und mit allem verfüllt, was man nicht mehr gebrauchen konnte.

Doch nur ein Jahrhundert später begannen sich die Bedingungen für den Untertagebau massiv zu verschlechtern. Das Klima wurde rauer, und Regen setzte die Gruben allmählich unter Wasser. Zudem mangelte es auch an genügend Arbeitskräften, um das Wasser wieder nach draußen zu befördern, denn zu jener Zeit wütete die Pest in Europa.

Um dennoch an das Erz zu gelangen, bewiesen die mittelalterlichen Bergleute Einfallsreichtum: Sie gruben einen waagerechten Stollen in die Abfallverfüllung der alten Tagebaufurche und trieben von dort aus einen Schacht in die Tiefe, der genau zwischen dem alten Tagebau und dem untertägigen Bergbau verlief. So konnten die Arbeiter solche Kupfererzvorkommen erreichen, die für den einfachen Tagebau zu tief lagen – ohne dabei Gefahr zu laufen, dass der Schacht von Regen- und Grundwasser überflutet wurde.

Eine Skizze zeigt ... | ... wie die ungewöhnliche Konstruktion um 1300 n. Chr. ausgesehen haben könnte: Die mittelalterlichen Bergleute trieben damals aus Not eine Stollen in die Abfallfurche aus dem alten Tagebau und errichteten an dessen Ende einen senkrecht nach unten verlaufenden Schacht. So konnten sie die Erze erreichen, die zu tief für den Tagebau lagen, aber noch nicht durch den untertägigen Bergbau abgebaut worden waren.

Bisher gelang es den Montanarchäologen vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, das obere Ende des inzwischen verfüllten Schachts frei zu legen. Dabei traten einige Teile der Stollendecke, Holzstützen sowie Verschlagbretter zu Tage. Radiokohlenstoffdatierungen deuten darauf hin, dass die Konstruktion um 1300 n. Chr. erbaut wurde.

Das alte Erzlager am Rammelsberg untersuchen die Forscher schon länger. Dabei gingen ihnen bislang auch Werkzeuge und Kleidungsreste der mittelalterlichen Bergleute ins Netz, etwa Riemen- und Schuhfragmente, Seil- und Gewebereste sowie ein altes Berglämpchen aus dem 13. oder 14. Jahrhundert.

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