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News: Abgeschreckt

Entlang der mittelozeanischen Rücken fließt ständig Lava aus und entlässt, einer geöffneten Sprudelflasche gleich, große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid. Mithilfe eines Tricks können Forscher nun bestimmen, wieviel Kohlendioxid auf diese Weise in die Atmosphäre gelangt.
Des Menschen tiefstes Bohrloch kratzte gerade nur ein Dutzend Kilometer in die Erdkruste. Proben aus den darunter liegenden, hundert und tausend Kilometer mächtigen Schichten scheinen somit unerreichbar - wenn nicht jeden Tag hunderte von Millionen Tonnen zähflüssigen Gesteins aus dem Erdmantel in Richtung Erdoberfläche aufstiegen.

Zwar fließt nur ein kleiner Teil tatsächlich in Gestalt von Vulkanen oberflächlich aus - der weitaus größte Teil erstarrt bereits in größerer Tiefe -, doch zeugen diese Basalte immerhin von den geochemischen Umständen im Erdmantel.

Von ganz besonderem Interesse sind dabei die Kohlendioxidgehalte, denn immerhin stehen Vulkane im Verdacht, am globalen CO2-Ausstoß und somit am Treibhauseffekt maßgeblichen Anteil zu haben. Womöglich trugen sie während vulkanisch besonders aktiver Zeiten sogar die Verantwortung für das eine oder andere Massensterben.

Nur ist das mit den im Magma gelösten Gasen so eine Sache, denn ein Großteil entweicht während des Aufstiegs - ganz ähnlich wie im Fall einer geöffneten Sprudelflasche. In den auf der Erdoberfläche zugänglichen Basalten sind deshalb kaum noch Gaseinschlüsse zu finden. Aussagen über die Menge der freigesetzten Gase und deren Konzentration im Erdmantel sind deshalb überaus schwierig.

Einen Ausweg fanden Alberto Saal von der Columbia University in Palisades und seine Mitarbeiter nun in den Tiefen der Meere, wo entlang der mittelozeanischen Rücken permanent Lava austritt - und wo der Druck so hoch ist und die Temperaturen so niedrig, dass die gelösten Gase nur zu einem geringen Teil entweichen können. Es ist so, als öffnete man die Sprudelflasche in einer wenige Grad Celsius kühlen Zelle, in der zudem der Druck 350fach über dem normalen Luftdruck liegt. Da zischt es dann nur noch ganz leise.

Die Forscher hatten sich in das kleine Unterseeboot Alvin gezwängt und waren einige hundert Kilometer vor der mexikanischen Westküste zu dem Siqueiros-Störungssystem abgetaucht, welches auf dem mittelozeanischen Rücken des Pazifik sitzt. Hier fließen permanent Laven aus, werden vom kalten Wasser abgeschreckt und erstarren beinahe blitzschnell zu einem vulkanischen Glas. Viel Zeit für die Entgasung bleibt den Gesteinen also nicht.

Und tatsächlich zeigten die golf- bis basketballgroßen Proben vom Meeresgrund keinerlei Anzeichen der Entgasung. Das Gestein war nicht nur vollkommen blasenfrei, in kleinen Olivinkristallen fanden die Forscher sogar winzige Mengen gänzlich unveränderten Magmas aus dem Erdmantel. Und darin vermochten Saal und seine Mitarbeiter mithilfe ausgebuffter Methoden neben dem Gehalt von Kohlendioxid auch den von Schwefel, Chlor und Wasser zu bestimmen.

Ob ihre Proben ihnen allerdings einen repräsentativen Einblick in die Geochemie des Erdmantels geben, ist so lange ungewiss, bis auch Gesteine anderer mittelozeanischer Rücken analysiert sind. Jedenfalls vermuten die Forscher schon jetzt, dass entlang dieser Nähte in der Erdkruste CO2 durchaus in klimarelevanten Mengen freigesetzt werden kann. So könnte die Entstehung des indonesischen Ontong-Java-Plateaus vor 120 Millionen Jahren, als dort eine Fläche so groß wie Alaska unter einer Lavadecke verschwand, ein klimatisches Treibhaus zur Folge gehabt haben, dem zahlreiche Tierarten zum Opfer fielen. Derzeit dürften die Vulkane der Erde dem Menschen bei der Veränderung des Klimas allerdings kaum eine Konkurrenz sein.

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