Hydrologie: Absoluter Gefrierpunkt von Wasser ermittelt
Wasser gefriert längst nicht zwangsläufig ab 0 Grad Celsius zu Eis, wie es gerne vereinfacht vermittelt wird. Ohne größere Verunreinigungen, die als Kristallisationskeime dienen, kann Wasser noch wesentlich weiter abgekühlt werden, ohne den Aggregatzustand von flüssig zu fest zu wechseln. Die Chemikerinnen Valeria Molinero und Emma Moore von der University of Utah in Salt Lake City haben nun die magische Grenze entdeckt, ab der Wasser sich der Eiswerdung überhaupt nicht mehr entziehen kann: Bei minus 48 Grad Celsius verändert sich seine molekulare Struktur und leitet so den Gefriervorgang zwangsläufig ein.
Flüssiges Wasser ist ein Netzwerk aus Wassermolekülen, die lose über so genannte Wasserstoffbrücken miteinander verbunden sind. Um ihm die regelmäßige, feste Kristallstruktur von Eis zu verleihen, muss sich zunächst ein kleiner, meist nur nanometergroßer Kern aus Eis bilden, der sich dann, wenn er eine bestimmte kritische Größe überschreitet, über das gesamte Volumen ausbreitet.
In völlig reinem Wasser kann sich ein solcher Kern laut den Forscherinnen nur durch spontane Strukturveränderungen ausbilden. Und genau das passiert bei minus 48 Grad Celsius: Bei dieser Temperatur bilden die Wassermoleküle vermehrt Tetraeder aus, in denen ein Wassermolekül lose mit drei anderen verbunden ist. Die Tetraederformen stabilisieren die winzigen Eiskerne und sorgen so dafür, dass das Wasser seine theoretisch höchste Kristallisationsrate erreicht und dadurch frieren muss. Diese Strukturen bezeichnen die Forscherinnen als "intermediäres Eis" – eben weil sie sich zwischen der von Wasser und Eis bewegen.
Um diesen Vorgang auf molekularer Ebene genau beobachten und die exakte Temperatur bestimmen zu können, mussten Molinero und Moore sich allerdings superschneller Computermodelle bedienen, denn ab etwa minus 41 Grad Celsius kristallisiert Eis zu schnell, um verbleibendes Wasser noch messen zu können. Also berechneten sie über Stunden das Verhalten von über 32 000 Wassermolekülen – die letztendlich kaum mehr als einen winzigen Wassertropfen darstellen.
Forscher wissen schon lange, dass Wasser im Gegensatz zu anderen Flüssigkeiten häufig äußerst spezielles Verhalten an den Tag legt. So ist beispielsweise sehr ungewöhnlich, dass Wasser seine höchste Dichte noch im flüssigen Zustand bei rund 4 Grad Celsius aufweist. Die spontane Strukturveränderung hin zur Tetraderform könnte nun möglicherweise auch eine Erklärung für derartige thermodynamische Besonderheiten liefern. (dz)
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