News: Achillesferse eines Killers
Im zunehmend schwierigeren Kampf gegen die Malaria greifen Forscher nach allen Strohhalmen - und landeten mit einem uralten chinesischen Heilpflanzenextrakt einen Volltreffer. Wie dieser wirkt, wird jetzt erst langsam deutlicher.
Eine Million Opfer im Jahr, erschreckende rund 500 Millionen Neuinfizierte jährlich, der größte Teil davon Kinder unter fünf – die heutzutage ganz normale Bilanz der Tropenkrankheit Malaria. Und die Zahlen steigen weiter, in den Ländern südlich der Sahara, in Südamerika, Indien und Südostasien.
Im Kampf gegen den gefährlichsten Malariaerreger Plasmodium falciparum, einem Einzeller, der bei tropischen Klimaten in blutsaugenden Mücken heranreift und dann auf den Menschen übertragen wird, geht Medizinern zunehmend die Munition aus. Stämme des Parasiten, die gegen die massiv eingesetzten Medikamente resistent geworden sind, breiten sich in besonders betroffenen Regionen immer weiter aus. Hier sind mittlerweile oft alle der vor Jahren noch häufig wirksamen Anti-Malaria-Mittel auf Chloroquin- und Sulphadoxin-Basis wirkungslos, und nur eine einzige Wirkstoffgruppe bietet dort noch Hoffnung auf eine Eindämmung der Kramkheit: die pflanzlichen Artemisinine.
Gewonnen werden diese aus Extrakten des Beifußgewächses Artemisia annua. Ein Rückgriff auf frühe Wurzeln der Medizin, denn Artemisinine wurden bereits seit Jahrhunderten von chinesischen Heilern gegen Malaria und Fieberkrankheiten verschrieben. Seit den späten siebziger Jahren entwickelten chinesische Forscher die Artemisinin-Extrakte zu regulären Malariamedikamenten, die sich in der Folge gegen die im Blut von Infizierten parasitierenden Plasmodien als extrem erfolgreich erwiesen. Allerdings mussten sie in recht kurzen Abständen immer wieder eingenommen werden. Und: Wie und warum sie überhaupt wirken, blieb Wissenschaftler seit Jahrzehnten ein ungelöstes Rätsel.
Forscher um Sanjeev Krishna von der St. George's Hospital Medical School glauben nun, dem rätselhaften Wirkungsmechanismus der Artemisinine auf die Spur gekommen zu sein – und widerlegten damit gleichzeitig die bisher gängige Theorie zur Artemisinin-Wirkung. Man hatte angenommen, Artemisinin wirke bei seinem Angriff auf die Blutparasiten gezielt in deren Nahrungsvakuole. Darin konzentrieren und verdauen die Malariaerreger ihr tägliches Brot – die Hämoglobin-Komplexe von roten Blutkörperchen ihres menschlichen Wirtes. Der Theorie zufolge würde Artemisinin durch die – in der parasitären Nahrungsvakuole hochkonzentriert in Hämoglobin enthaltenen – Fe2+-Ionen erst aktiviert: durch das Aufbrechen der für Artesiminin charakteristischen Peroxid-Molekülgruppe. Dabei sollten dann hochaktive freie Radikale entstehen, die eine für den Parasiten tödliche Kettenreaktion in Gang setzen. Schöne Theorie, nur: Artemisinin gelangt überhaupt nicht in die Nahrungsvakuole der Parasiten, wie Krishna und Kollegen nun mit Hilfe von Experimenten mit Farbmarkierungen unter dem Mikroskop nachwiesen.
Die Forscher konzentrierten sich daraufhin nicht länger auf die auffällige Peroxid-Gruppe, sondern auf die restliche bauliche Struktur des Artesiminins. Dabei fiel ihnen die Ähnlichkeit mit Thapsigargin auf, einem Wirkstoff, der in Säugetierzellen ganz bestimmte Pump-Enzyme in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums – des zellulären Protein-Sortierzentrums – ausschaltet. Ganz ähnliche wie diese durch Thapsigargin gehemmten Pumpen benutzt aber auch der Malariaparasit. Und genau diese Pumpen des Erregers, die so genannten PfATP6-Enzyme, werden tatsächlich durch Artemisinin gehemmt, wie die Forscher um Krishna zeigten. Dabei spielen übrigens durchaus, wie früher schon vermutet, Fe2+-Ionen und die in ihrer Anwesenheit gebildeten freien Radikale eine Rolle – der Angriffspunkt PfATP6 ist allerdings ein ganz anderer als gedacht.
Artemisinin-gehemmtes PfATP6 verursacht einen erfreulich abrupten Stopp des parasitären Wachstums – und damit der Malaria. Natürlich sollen nun neue Wirkstoffe entwickelt werden, die auf die nun bloßgestellte Achillesferse des Malariaparasiten losgelassen werden. Dabei, warnt etwa Robert Ridley von der Weltgesundheitsorganisation WHO, sei aber noch nicht endgültig geklärt, ob Artemisinin nicht auch noch auf andere zelluläre Mechanismen außer dem PfATP6 wirkt. Immerhin binde es erwiesenermaßen auch an einige andere Proteine des Parasiten. Dass allein PfATP6 die durch Artemisinin genutzte Schwachstelle ist, so Ridley, stünde erst fest, wenn einmal resistente Stämme des Schmarotzers gegen Artemisinin auftauchten – und deren Resistenz erwiesenermaßen auf Veränderungen ihrer PfATP6-Gene beruhe. Auf dieses Szenario freut sich indes niemand wirklich: Resistente Malariastämme existieren schließlich bereits zur Genüge.
Im Kampf gegen den gefährlichsten Malariaerreger Plasmodium falciparum, einem Einzeller, der bei tropischen Klimaten in blutsaugenden Mücken heranreift und dann auf den Menschen übertragen wird, geht Medizinern zunehmend die Munition aus. Stämme des Parasiten, die gegen die massiv eingesetzten Medikamente resistent geworden sind, breiten sich in besonders betroffenen Regionen immer weiter aus. Hier sind mittlerweile oft alle der vor Jahren noch häufig wirksamen Anti-Malaria-Mittel auf Chloroquin- und Sulphadoxin-Basis wirkungslos, und nur eine einzige Wirkstoffgruppe bietet dort noch Hoffnung auf eine Eindämmung der Kramkheit: die pflanzlichen Artemisinine.
Gewonnen werden diese aus Extrakten des Beifußgewächses Artemisia annua. Ein Rückgriff auf frühe Wurzeln der Medizin, denn Artemisinine wurden bereits seit Jahrhunderten von chinesischen Heilern gegen Malaria und Fieberkrankheiten verschrieben. Seit den späten siebziger Jahren entwickelten chinesische Forscher die Artemisinin-Extrakte zu regulären Malariamedikamenten, die sich in der Folge gegen die im Blut von Infizierten parasitierenden Plasmodien als extrem erfolgreich erwiesen. Allerdings mussten sie in recht kurzen Abständen immer wieder eingenommen werden. Und: Wie und warum sie überhaupt wirken, blieb Wissenschaftler seit Jahrzehnten ein ungelöstes Rätsel.
Forscher um Sanjeev Krishna von der St. George's Hospital Medical School glauben nun, dem rätselhaften Wirkungsmechanismus der Artemisinine auf die Spur gekommen zu sein – und widerlegten damit gleichzeitig die bisher gängige Theorie zur Artemisinin-Wirkung. Man hatte angenommen, Artemisinin wirke bei seinem Angriff auf die Blutparasiten gezielt in deren Nahrungsvakuole. Darin konzentrieren und verdauen die Malariaerreger ihr tägliches Brot – die Hämoglobin-Komplexe von roten Blutkörperchen ihres menschlichen Wirtes. Der Theorie zufolge würde Artemisinin durch die – in der parasitären Nahrungsvakuole hochkonzentriert in Hämoglobin enthaltenen – Fe2+-Ionen erst aktiviert: durch das Aufbrechen der für Artesiminin charakteristischen Peroxid-Molekülgruppe. Dabei sollten dann hochaktive freie Radikale entstehen, die eine für den Parasiten tödliche Kettenreaktion in Gang setzen. Schöne Theorie, nur: Artemisinin gelangt überhaupt nicht in die Nahrungsvakuole der Parasiten, wie Krishna und Kollegen nun mit Hilfe von Experimenten mit Farbmarkierungen unter dem Mikroskop nachwiesen.
Die Forscher konzentrierten sich daraufhin nicht länger auf die auffällige Peroxid-Gruppe, sondern auf die restliche bauliche Struktur des Artesiminins. Dabei fiel ihnen die Ähnlichkeit mit Thapsigargin auf, einem Wirkstoff, der in Säugetierzellen ganz bestimmte Pump-Enzyme in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums – des zellulären Protein-Sortierzentrums – ausschaltet. Ganz ähnliche wie diese durch Thapsigargin gehemmten Pumpen benutzt aber auch der Malariaparasit. Und genau diese Pumpen des Erregers, die so genannten PfATP6-Enzyme, werden tatsächlich durch Artemisinin gehemmt, wie die Forscher um Krishna zeigten. Dabei spielen übrigens durchaus, wie früher schon vermutet, Fe2+-Ionen und die in ihrer Anwesenheit gebildeten freien Radikale eine Rolle – der Angriffspunkt PfATP6 ist allerdings ein ganz anderer als gedacht.
Artemisinin-gehemmtes PfATP6 verursacht einen erfreulich abrupten Stopp des parasitären Wachstums – und damit der Malaria. Natürlich sollen nun neue Wirkstoffe entwickelt werden, die auf die nun bloßgestellte Achillesferse des Malariaparasiten losgelassen werden. Dabei, warnt etwa Robert Ridley von der Weltgesundheitsorganisation WHO, sei aber noch nicht endgültig geklärt, ob Artemisinin nicht auch noch auf andere zelluläre Mechanismen außer dem PfATP6 wirkt. Immerhin binde es erwiesenermaßen auch an einige andere Proteine des Parasiten. Dass allein PfATP6 die durch Artemisinin genutzte Schwachstelle ist, so Ridley, stünde erst fest, wenn einmal resistente Stämme des Schmarotzers gegen Artemisinin auftauchten – und deren Resistenz erwiesenermaßen auf Veränderungen ihrer PfATP6-Gene beruhe. Auf dieses Szenario freut sich indes niemand wirklich: Resistente Malariastämme existieren schließlich bereits zur Genüge.
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