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Actinium: Verbindung mit rätselhaftem Element erstmals abgebildet

Dieses Element mag niemand anfassen – und doch hoffen Fachleute, es gegen Krebs zu nutzen. Doch selbst die Position des Actiniums im Periodensystem ist umstritten.
Kleine farblose Kristalle auf blauem Hintergrund.
Sehen harmlos aus, sind aber extrem radioaktiv – und hochinteressant: Kristalle mit Actiniumkomplex unter dem Mikroskop.

Es ist seit über 120 Jahren bekannt, und man hat eine ganze Gruppe von Elementen nach ihm benannt. Doch bis heute ist über Actinium nur wenig bekannt, und selbst seine Position im Periodensystem diskutieren Fachleute kontrovers. Tatsächlich aber ist eines dieser Isotope, 225Ac, interessant für neue Krebstherapien. Bei der Radionuklidtherapie wird ein radioaktives Element mit einer Art molekularem Transporter gezielt in das Tumorgewebe eingebracht, damit die Strahlung dort die Krebszellen zerstört. Ein Team um Jennifer N. Wacker vom Lawrence Berkeley National Laboratory hat nun erstmals die Bindung des mysteriösen Actiniums an so ein Transportmolekül auf atomarer Ebene untersucht. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Communications« berichtet, sind die Abstände zwischen den Atomen dort kürzer als erwartet. Die Ergebnisse sollen einerseits strahlenmedizinische Forschung voranbringen, andererseits helfen sie aber auch zu erhellen, wie das Element in das etablierte System der Chemie hineinpasst.

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Eigentlich kann man das häufigste Isotop des Elements, 227Ac, sogar in messbaren Mengen aus natürlichen Uranerzen gewinnen. Es hat mit rund 21 Jahren eine vergleichsweise lange Halbwertszeit. Der Haken ist, dass einige Zerfallsprodukte des Actinium-227 harte Gammastrahler sind – deswegen kann man sogar kleine Mengen des Isotops nur mit starken Schutzvorkehrungen handhaben. Die anderen Isotope dagegen muss man künstlich herstellen, und sie zerfallen in wenigen Tagen. Wegen dieser Schwierigkeiten arbeitet kaum jemand mit dem Element. Bloß wenige Verbindungen mit ihm sind bekannt, und man leitet seine Eigenschaften vor allem aus Daten von verwandten Elementen wie Lanthan, Americium oder Curium ab. Doch wie die neue Studie zeigt, können solche Analogien in die Irre führen.

Die Arbeitsgruppe um Wacker nutzte ein organisches Molekül, das Actinium mit acht Bindungsstellen in einem so genannten Komplex einschließt. Diesen Komplex verband sie mit einem natürlichen Protein, das mit derartigen Komplexen Kristalle bildet. In einem Kristall kann man die Positionen der Atome präzise mit Röntgenstrahlen vermessen. Wie sich dabei zeigte, verhält sich das Actinium in solchen Bindungen, die man auch für Therapeutika nutzt, anders, als es die Analogie mit verwandten Elementen nahelegen würde. Die Bindungen sind deutlich kürzer, als man anhand des Atomradius des Actiniums erwarten würde, und die Bindungsgeometrie ist anders als bei ähnlichen Elementen, schreiben die Fachleute in der Veröffentlichung.

Zum einen machen diese Erkenntnisse Hoffnung, neue Radionuklidtherapien auf Basis von 225Ac zu entwickeln. Dieses künstliche Isotop hat eine Halbwertszeit von rund zehn Tagen und sendet lediglich Alphastrahlung aus, die lediglich eine geringe Reichweite im Gewebe hat. Koppelt man ein solches Molekül mit einem Antikörper oder einem anderen Stoff, der es gezielt in den Tumor transportiert, tötet die Strahlung so nur die Krebszellen ab. Diese Verfahren sind meist zielgenauer als andere Therapien. Allerdings muss man das Trägermolekül dazu präzise maßschneidern, und dafür braucht man genauere Informationen über die Chemie des Actiniums. Außerdem könnten die Daten helfen, eine alte theoretische Debatte zu klären: ob die Elemente Lanthan und Actinium überhaupt zu den nach ihnen benannten Lanthanoiden und Actinoiden gehören – oder zusammen mit Scandium und Yttrium eine eigene Gruppe bilden.

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