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Wissenschaft im Alltag: Advent, Advent ...

Mögen Designerlampen, Halogenspots oder Neonröhren die Nacht zum Tage machen - kaum eine andere Lichtquelle vermittelt ein solches Gefühl von Behaglichkeit wie die Kerze. Ihr warmer Schein verkörpert zudem in vielen Religionen das Göttlich-Mystische, die Hoffnung, den Sieg des Guten. So ist das Entzünden der vier Kerzen des Adventskranzes im Dezember hier zu Lande ein beliebtes Ritual.
Adventskranz
Mag eine brennende Kerze auch geheimnisvoll wirken, aufgebaut ist sie denkbar einfach: Ihr Körper, der Brennstoff, besteht aus Paraffin, Wachs oder Stearin. Ihn durchzieht als Docht ein mit Wachs getränkter Baumwollfaden. Alle diese Materialien bestehen aus langen Kohlenwasserstoffketten.

Die Wissenschaft der Kerzen | Die Wärme der Flamme bricht die Ketten in kleinere Einheiten, die dann mit dem Luftsauerstoff reagieren. Nach dieser "Initialzündung" liefert zunächst die Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff sehr viel Energie. Damit heizt sich das Zentrum der Flamme so stark auf, dass Rußpartikel zu leuchten beginnen. Auch die exotherme Reaktion von Kohlenstoff und Sauerstoff zu Kohlendioxid steigert die Flammentemperatur.
Bei Raumtemperatur sind sie fest; erst beim Anzünden des Dochtes schmelzen sie. Die Flamme zerlegt die langen Molekülketten in kleinere, die gasförmig und wesentlich agiler sind als der Ausgangsstoff. Ihre Wasserstoff-Atome reagieren mit dem Luftsauerstoff der Umgebung – es entsteht Wasser in der Flamme. Dabei wird sehr viel Energie frei – die Flammentemperatur steigt auf fast tausend Grad. Die Kohlenstoff-Atome des Brennstoffs bilden nun Rußpartikel, die gelb aufglühen. Sie verbrennen schließlich mit Luftsauerstoff zu Kohlendioxid. Die Kapillarwirkung des Dochtes liefert beständig flüssigen Brennstoff nach.

WUSSTEN SIE SCHON?

Eine Kerze birgt auch Brandgefahr, ein Schritt in Richtung Sicherheit erfolgte erst Ende des 20. Jahrhunderts: Durch Imprägnierung des unteren Dochtendes wird dort die Kapillarwirkung unterbunden, eine Sicherheitskerze erlischt deshalb schließlich von selbst.
Neben Kienfackeln waren Kerzen lange Zeit die einzige künstliche Lichtquelle. Zu Luthers Zeit verbrannten beispielsweise in der Schlosskirche zu Wittenberg während eines Jahres 35 750 Pfund dieser Leuchtmittel. Kerzen bestanden bis in das 19. Jahrhundert meist aus Talg ("Unschlittlicht") oder Wachs. Ersterer wurde vor allem aus Rinderfett gewonnen; Bienen- oder pflanzliches Wachs war sehr teuer und blieb somit lange Kirche und Adel vorbehalten. Ersatzweise nutzte man auch Walrat, eine fettartige weiße Masse aus der Stirnhöhle der Pottwale; doch solche Lichter brannten schnell nieder.

Brennstoffe einer Kerze | Den Brennstoff einer Kerze bilden langkettige Kohlenwasserstoff-Moleküle, wie sie in Wachs, Stearin (Gemisch aus Stearin- und Palmitinsäure) und Paraffin vorkommen.
Im Jahre 1825 gelang es dem französischen Chemiker Michel Eugène Chevreul (1786-1889), aus Fett Stearin herzustellen. Etwa gleichzeitig erfolgte die Isolierung von Paraffinwachs aus Petroleum. Paraffinwachs besteht aus langkettigen Kohlenwasserstoffen, die Fettsäure Stearin ist ebenso aufgebaut, trägt zusätzlich aber eine Säuregruppe am Molekülende. Diese reinen und in großer Menge billig herzustellenden Stoffe bildeten die Basis einer boomenden Kerzenindustrie, bis die Glühlampe ihren Siegeszug antrat. Doch erst um 1920 hat die elektrische Beleuchtung in den Industrienationen das Kerzenlicht in die Nische "besondere Anlässe" verdrängt.

Die Schwerkraft sorgt dafür, dass warme Gase aufsteigen. Erst vor etwa sieben Jahren wurde eine Kerze in einem Raumschiff gezündet. Während sie auf der Erde nur zehn Minuten gebrannt hätte, leuchtete sie unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit 45 Minuten lang, denn die Verbrennungsgase wurden nur langsam ab geführt. Auch war die Temperatur der Kerze wegen der geringen Luftzufuhr so niedrig, dass kaum Rußpartikel erglühten, die Flamme war also blau und wegen der abwesenden Schwerkraft kugelrund.
Bienenwachskerzen erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Brennstoff ist ein Naturprodukt und wird von den Arbeiterbienen aus Zucker produziert. Bienenwachs enthält neben wachsartigen Bestandteilen, darunter auch Paraffine, mehr als fünfzig Aromastoffe, die ihm seinen charakteristischen Honiggeruch verleihen. Deshalb gehören zu jedem Weihnachtsmarkt Kerzen aus Bienenwachs unbedingt dazu.



"Wissenschaft im Alltag" ist eine regelmäßige Rubrik in Spektrum der Wissenschaft. Eine Sammlung besonders schöner Artikel dieser Rubrik ist soeben als Dossier erschienen.

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