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Pulsare: Seltsamer Magnetar funkt und verstummt

Ungewöhnliche Radiosignale geben Hinweise auf den vielleicht ältesten Magnetar unserer Galaxis. Nun schweigt er und hält sich auch bei anderen Wellenlängen bedeckt.
Pulsar
Magnetare zeichen sich durch ihre extrem starken Magnetfelder aus, die für intensive Strahlungsausbrüche sorgen.

Ein Team um Mayuresh Surnis vom Indian Institute of Science and Education Bhopal hat bei der Analyse von Radiobeobachtungen eines schnell rotierenden Neutronensterns (Pulsar) ein seltsames periodisches Signal gefunden, das sich keinem bekannten Objekt zuordnen lässt und bereits nach kurzer Zeit wieder verschwand. Die Forschenden vermuten hinter dem Ereignis einen Magnetar, also einen Pulsar mit extrem starkem Magnetfeld. Die Ergebnisse werden im Journal »The Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters« erscheinen und sind bereits auf dem Preprintserver arXiv verfügbar.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten Karten des südafrikanischen Radioteleskops MeerKAT aus, die den bereits bekannten Pulsar PSR J1708-3506 im Sternbild Skorpion und seine Umgebung zeigen. Die Daten wurden über insgesamt 66 Beobachtungsperioden, verteilt über einen Zeitraum von drei Jahren, gewonnen. Bei einer Beobachtung am 21. Juni 2021 war ein periodisches Signal erkennbar, das nicht von PSR J1708-3506 stammte. In einem Abstand von je 10,4 Sekunden registrierte das Teleskop insgesamt 97 Radiopulse. Form und Dauer der einzelnen Pulse erinnern an die von Magnetaren, auch wenn ein zeitlicher Abstand von über zehn Sekunden am oberen Ende der typischen Werte liegt. Das Fehlen des Signals in den anderen 65 Beobachtungsperioden ist jedoch ungewöhnlich. Da Magnetare eigentlich für hochenergetische Strahlungsausbrüche im Gamma- und Röntgenbereich bekannt sind, durchsuchte das Team Archivdaten anderer Teleskope.

Totale Funkstille

Das Team durchforstete die Daten der Satelliten Swift, Fermi und INTEGRAL nach Gammastrahlenausbrüchen, den Digitized Sky Survey (DSS) nach sichtbaren Quellen und den 2-Micron All Sky Survey (2MASS) nach Infrarotstrahlung. Auch andere Archive von Radioteleskopen wurden nach Detektionen an der Position der MeerKAT-Signale durchkämmt. Schließlich führten die Forschenden noch eigene neue Beobachtungen im Röntgenbereich durch. Alles mit demselben Ergebnis: Der neu entdeckte Magnetar – mittlerweile mit der Bezeichnung PSR J1710-3452 – ist nicht nur im Radiobereich wieder verstummt, sondern zeigt gar keine Emission in anderen Wellenlängen.

Nur sechs von den 26 bekannten Magnetaren strahlen überhaupt im Radiobereich. Als wären die Signale von PSR J1710-3452 – oder ihr Fehlen – nicht schon seltsam genug, befindet sich der Magnetar auch noch an einer ungewöhnlichen Position. Magnetare sind typischerweise sehr junge Neutronensterne mit einem Alter von etwa 10 000 Jahren. Derart junge Sterne befinden sich normalerweise in einem engen Bereich der Milchstraßenebene, weil sie noch keine Zeit hatten, sich von ihrem Entstehungsort zu entfernen. PSR J1710-3452 liegt jedoch etwa 650 Lichtjahre oberhalb der Ebene.

Ein ganz alter Vertreter seiner Art?

Das Team um Mayuresh Surnis vermutet, dass es sich bei PSR J1710-3452 um einen sehr alten Magnetar handeln könnte, dessen Alter zwischen einigen 100 000 bis 6,6 Millionen Jahren liegt. Damit wäre sowohl sein sehr unregelmäßiges Strahlungsverhalten als auch seine Lage im Milchstraßensystem zu erklären. PSR J1710-3452 wäre dann einer der ältesten Magnetare, die je entdeckt wurden, und stellt eine interessante Möglichkeit dar, Theorien zur Entwicklung von Neutronensternen zu testen. Die Autoren der Studie werfen die berechtigte Frage auf, wie viele solcher alten Magnetare es geben könnte. Denn wäre PSR J1710-3452 am 21. Juni 2021 nicht zufällig beobachtet worden, wüsste man nicht von seiner Existenz. Nur mit regelmäßigen großen Himmelsdurchmusterungen im Bereich der Radiowellen ließen sich weitere solche Objekte aufspüren.

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