Stammzellforschung: Affenklon
Therapeutisches Klonen - hinter diesem Begriff verbirgt sich die große Hoffnung oder auch der große Horror. Doch bislang scheiterte die Produktion von geklonten embryonalen Stammzellen bei Mensch und Affe. Etliche Forscher hielten sie bei Primaten für grundsätzlich ausgeschlossen - und müssen wohl jetzt umdenken.
Unmöglich! Es mag bei Fröschen, Schafen und Mäusen funktionieren, aber nicht bei Affen – und schon gar nicht bei Menschen. So lautete die feste Überzeugung vieler Wissenschaftler, wenn es um die heiß umstrittene Produktion von geklonten embryonalen Stammzellen ging.
Dabei klingt es ganz einfach, wie Ian Wilmuts Klonschaf Dolly zeigte: Man nehme eine weibliche Einzelle, entferne den Zellkern und stopfe dafür den Kern einer Körperzelle eines anderen Individuums hinein. Mit ein paar physikalisch-chemischen Tricks und viel Glück beginnt die Eizelle mit dem fremden Kern sich zu teilen und reift zu einem Zellklumpen heran.
Heiß begehrtes Gut
Dieser Klumpen – die Blastozyste – enthält nun das heiß begehrte Gut: embryonale Stammzellen. Diese Alleskönner unter den Zellen besitzen die beneidenswerte Eigenschaft, sich zu allen möglichen Gewebetypen zu entwickeln. Wäre der Zellkernspender beispielsweise ein Alzheimer-Patient, dessen Hirnzellen unwiderruflich dem Untergang geweiht sind, dann könnten – rein theoretisch – die Stammzellen seine ausgefallenen Neuronen ersetzen. Da dieses "therapeutisch" geklonte Implantat genetisch identisch zum Körper ist, wären keine Abstoßungsreaktionen zu befürchten.
Nun erweist sich dieser Zellkerntransfer leider oder – je nach Standpunkt – glücklicherweise als ziemlich vertrackt. Wilmut hatte Jahre gebraucht, bevor aus 277 entkernten Schafseizellen eine als Dolly am 5. Juli 1996 das Licht der Welt erblickte. Inzwischen tummeln sich im Klonzoo zwar schon etliche Säugetiere wie Hund, Katze, Maus oder Rind; die Säugerordnung der Primaten – wozu neben den Affen auch der Mensch zählt – verweigerte sich jedoch tapfer.
Alles gelogen
Daran änderte auch die Sensationsmeldung nichts, die das Wissenschaftsmagazin Science am 12. Februar 2004 stolz verkündete: Der Koreaner Hwang Woo Suk habe zum ersten Mal menschliche embryonale Stammzellen geklont. Die Ernüchterung erfolgte knapp zwei Jahre später: Alles gelogen! Hwang hatte vermutlich unbeabsichtigt menschliche Eizellen parthenogenetisch vermehrt – was auch eine kleine Sensation gewesen wäre.
Die Arbeitsgruppe von Shoukhrat Mitalipov von der Oregon Health and Science University in Beaverton wollte sich damit nicht abfinden und feilte weiter am Rezept des Kerntransfers: So verzichteten die Forscher beispielsweise auf Kalzium und Magnesium in der Nährlösung, um den MPF-Gehalt zu erhöhen, oder lokalisierten die zu entfernenden Chromosomen nicht, wie üblich, mit einem Farbstoff und UV-Licht, sondern mit polarisiertem Licht.
Zwei aus 304
Nach diesem Schema entkernten sie 304 Eizellen von 14 Rhesusaffenweibchen und setzten in jede einen Hautzellkern eines neunjährigen Rhesusaffenmännchens. 35 Blastozysten reiften heran, aus denen wiederum ganze zwei Linien embryonaler Stammzellen gewonnen werden konnten [1].
Wie biochemische Analysen zeigten, waren die beiden Stammzelllinien tatsächlich untereinander sowie zum Spendermännchen genetisch identisch. Eine unabhängige Überprüfung durch das Labor von David Cram von der australischen Monash-Universität in Clayton bestätigte, dass die Zellen nicht durch Parthenogenese aus den Eizellen entstanden sein können [2].
Steht nun bald der erste geklonte Mensch vor der Tür? Wohl kaum.
Dabei muss das Ziel nicht unbedingt therapeutisches Klonen heißen. Mit den geklonten Zellen eines Patienten ließen sich auch im Labor neue Heilmethoden erproben, bevor sie beim Patienten angewendet werden, betonen Ian Wilmut und seine Kollegin Jane Taylor vom Schottischen Zentrum für Regenerative Medizin in Edinburgh [3]: "In unserer Hast, patientenspezifische Zellen für die Therapie einzusetzen, übersehen wir gern die Tatsache, dass sie sehr wertvoll für die Grundlagenforschung und für die Entdeckung neuer Arzneimittel sind."
Dabei klingt es ganz einfach, wie Ian Wilmuts Klonschaf Dolly zeigte: Man nehme eine weibliche Einzelle, entferne den Zellkern und stopfe dafür den Kern einer Körperzelle eines anderen Individuums hinein. Mit ein paar physikalisch-chemischen Tricks und viel Glück beginnt die Eizelle mit dem fremden Kern sich zu teilen und reift zu einem Zellklumpen heran.
Heiß begehrtes Gut
Dieser Klumpen – die Blastozyste – enthält nun das heiß begehrte Gut: embryonale Stammzellen. Diese Alleskönner unter den Zellen besitzen die beneidenswerte Eigenschaft, sich zu allen möglichen Gewebetypen zu entwickeln. Wäre der Zellkernspender beispielsweise ein Alzheimer-Patient, dessen Hirnzellen unwiderruflich dem Untergang geweiht sind, dann könnten – rein theoretisch – die Stammzellen seine ausgefallenen Neuronen ersetzen. Da dieses "therapeutisch" geklonte Implantat genetisch identisch zum Körper ist, wären keine Abstoßungsreaktionen zu befürchten.
Allerdings – und hier setzen die Horrorvisionen an – handelt es sich bei dieser Blastozyste eben nicht nur um einen Zellklumpen. Verpflanzt in eine Gebärmutter, besäße sie das Potenzial, sich zu einem Fötus zu entwickeln – einem menschlichen Klon. Daher ist in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz therapeutisches Klonen durch somatischen Zellkerntransfer nach der "Dolly-Methode" beim Menschen grundsätzlich verboten.
Nun erweist sich dieser Zellkerntransfer leider oder – je nach Standpunkt – glücklicherweise als ziemlich vertrackt. Wilmut hatte Jahre gebraucht, bevor aus 277 entkernten Schafseizellen eine als Dolly am 5. Juli 1996 das Licht der Welt erblickte. Inzwischen tummeln sich im Klonzoo zwar schon etliche Säugetiere wie Hund, Katze, Maus oder Rind; die Säugerordnung der Primaten – wozu neben den Affen auch der Mensch zählt – verweigerte sich jedoch tapfer.
Alles gelogen
Daran änderte auch die Sensationsmeldung nichts, die das Wissenschaftsmagazin Science am 12. Februar 2004 stolz verkündete: Der Koreaner Hwang Woo Suk habe zum ersten Mal menschliche embryonale Stammzellen geklont. Die Ernüchterung erfolgte knapp zwei Jahre später: Alles gelogen! Hwang hatte vermutlich unbeabsichtigt menschliche Eizellen parthenogenetisch vermehrt – was auch eine kleine Sensation gewesen wäre.
Auch ein 2004 gehaltener Vortrag des amerikanischen Stammzellforschers Gerald Schatten, der mit Hwang zusammengearbeitet hatte, über angeblich geklonte Affenembryonen stieß auf Skepsis. Denn offensichtlich scheint bei Primatenklonen einiges schief zu gehen: Die Chromosomenverteilung während der Zellverdopplung der manipulierten Eizellen verläuft chaotisch; bestimmte Proteine wie das Kerngerüst-Eiweiß Lamin A/C können nicht effektiv entfernt werden, da hierfür ein weiteres Protein namens MPF (maturation-promoting factor) fehlt. Bleiben geklonte Primaten damit grundsätzlich ausgeschlossen?
Die Arbeitsgruppe von Shoukhrat Mitalipov von der Oregon Health and Science University in Beaverton wollte sich damit nicht abfinden und feilte weiter am Rezept des Kerntransfers: So verzichteten die Forscher beispielsweise auf Kalzium und Magnesium in der Nährlösung, um den MPF-Gehalt zu erhöhen, oder lokalisierten die zu entfernenden Chromosomen nicht, wie üblich, mit einem Farbstoff und UV-Licht, sondern mit polarisiertem Licht.
Zwei aus 304
Nach diesem Schema entkernten sie 304 Eizellen von 14 Rhesusaffenweibchen und setzten in jede einen Hautzellkern eines neunjährigen Rhesusaffenmännchens. 35 Blastozysten reiften heran, aus denen wiederum ganze zwei Linien embryonaler Stammzellen gewonnen werden konnten [1].
Wie biochemische Analysen zeigten, waren die beiden Stammzelllinien tatsächlich untereinander sowie zum Spendermännchen genetisch identisch. Eine unabhängige Überprüfung durch das Labor von David Cram von der australischen Monash-Universität in Clayton bestätigte, dass die Zellen nicht durch Parthenogenese aus den Eizellen entstanden sein können [2].
Steht nun bald der erste geklonte Mensch vor der Tür? Wohl kaum.
"Wir übersehen oft die Tatsache, dass embryonale Stammzellen sehr wertvoll für die Entdeckung neuer Arzneimittel sind"
(Ian Wilmut und Jane Taylor)
Die Wissenschaftler verweisen auf die bislang winzige Ausbeute ihrer Experimente von nur 0,7 Prozent, die eine effektive Herstellung menschlicher embryonaler Stammzellen auf längere Sicht unwahrscheinlich macht. Letztendlich ging es ihnen nur um die Frage: Ist es möglich? Und die Antwort lautet jetzt: Im Prinzip, ja! (Ian Wilmut und Jane Taylor)
Dabei muss das Ziel nicht unbedingt therapeutisches Klonen heißen. Mit den geklonten Zellen eines Patienten ließen sich auch im Labor neue Heilmethoden erproben, bevor sie beim Patienten angewendet werden, betonen Ian Wilmut und seine Kollegin Jane Taylor vom Schottischen Zentrum für Regenerative Medizin in Edinburgh [3]: "In unserer Hast, patientenspezifische Zellen für die Therapie einzusetzen, übersehen wir gern die Tatsache, dass sie sehr wertvoll für die Grundlagenforschung und für die Entdeckung neuer Arzneimittel sind."
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