News: Ahnenforschung bei Walen und Flußpferden
Norihiro Okada und seine Mitarbeiter vom Tokyo Institute for Technology in Yokohama haben nun am 13. Juni 1999 auf der Jahrestagung der American Genetics Association eine neue Methode vorgestellt, mit der sie auf molekularer Ebene Verwandtschaften zwischen Arten herausfinden können. Sie nutzten sogenannte short interspersed nuclear elements oder abgekürzt SINEs – das sind kleine DNA-Einheiten, die irgendwann in der Evolutionsgeschichte in RNA übersetzt, dann später wieder in DNA retranskribiert und zufällig irgendwo im Genom des Organimus wieder eingebaut wurden. SINEs haben keine biologische Funktion und mutieren im Laufe der Zeit ohne Auswirkung für das Lebewesen bis zur Unkenntlichkeit. Sie können jedoch für Verwandtschaftsanalysen genutzt werden: Zwei Arten, die dieselben SINEs aufweisen, müssen einen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben. Mit dieser eindeutigen "Ja-Nein"-Entscheidung fallen auch die statistischen Probleme und Unsicherheiten weg, die bei den anderen Methoden auftreten.
1997 stellte Okada Ergebnisse aus Untersuchungen zu sieben SINE-Insertionen vor, die darauf hinwiesen, daß Wale und Flußpferde stammesgeschichtlich eng verwandt sind. Außerdem deuteten sie darauf hin, daß die beiden Säugetiere einen relativ jungen gemeinsamen Vorfahren mit den Wiederkäuern haben, zu denen zum Beispiel Kühe und die afrikanischen Hirschferkel gehören. In ihren neueren Untersuchungen mit der nahezu doppelten Anzahl an SINEs entdeckten die Forscher nun Sequenzen, die nur bei Walen und Flußpferden, nicht jedoch bei Wiederkäuern auftreten, sowie SINEs, die ausschließlich bei den letztgenannten zu finden sind. Daraus folgern die Wissenschaftler, daß Wale und Flußpferde sich aus einem flußpferdähnlichen Vorfahren entwickelt haben, der sich vor ungefähr 50 Millionen Jahren von den Wiederkäuern abgespalten hat.
Ihre Ergebnisse werden von weiteren Untersuchungen unterstützt. Conrad Matthee von der Texas A&M University in College Station kommt mit konventionellen Methoden zu denselben Schlußfolgerungen. Er hat 8200 Nukleotidbasen – die "Bausteine" der DNA – aus acht Genen verglichen. Die Proben stammten aus zwei Walen und 24 Huftieren, zu denen auch die Flußpferde gehören.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 2.3.1999
"Die Gene ticken nicht richtig " - Spektrum Ticker vom 9.3.1999
"Mobilität bringt neue Ideen"
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