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News: Alchemie mit Laserlicht

Normalerweise versucht heutzutage kein ernstzunehmender Wissenschaftler mehr, Gold in Platin zu verwandeln. Aber wenn man den stärksten Laser der Welt zur Verfügung hat, können selbst solche Dinge geschehen. Ein Forscherteam hat nun zum ersten Mal eine Kernreaktion ausgelöst, die einzig von einem Laser unterhalten wird. Die intensiven Lichtpulse erreichen dabei eine Spitzenleistung, die die gesamte Stromproduktion der Vereinigten Staaten für einen Bruchteil einer Sekunde übersteigt. Mit solchen Energien läßt sich ein Blick auf die extremen Materiezustände im Inneren von Sternen werfen.
Der Physiker Tom Cowan und seine Kollegen berichteten auf dem Treffen American Physical Society am 23. März 1999 von ihren Ergebnissen. Für ihre Experimente verwendeten sie den Petawatt genannten Laser am Lawrence Livermore National Laboratory in Livermore, California. Es handelt sich dabei um den "hochfrisierten" Zweig des dortigen großen Nova Lasers. In einem Lichtblitz von nur einer billionstel Sekunde Dauer gibt Petawatt eine Leistung von 1,5 Billiarden Watt. Dieser Laser wurde von Physikern entworfen, um die sogenannte "Fusion unter Trägheitseinschluß" (inertial confinement fusion) zu untersuchen – den immer noch laufenden Versuch, ein Kügelchen Wasserstoff zu zünden und so die Energiequelle der Sonne auch auf der Erde nutzbar zu machen. Cowans Gruppe plazierte eine dünne Goldfolie in Petawatts Strahl, um dessen erstaunliche Auswirkungen auf Materie zu beobachten.

Der Laser entreißt dabei dem Goldatom Elektronen und erzeugt eine kurzlebige Plasmawolke. In der Nähe der Goldfolie spüren die Elektronen Kräfte vergleichbar denen, die sie fünf Zentimeter über einem Schwarzen Loch erfahren würden. Wenn sich das Licht durch das Plasma bewegt, beschleunigt sein intensives elektrisches Feld die Elektronen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit. Einige stoßen mit Goldkernen in der Folie zusammen und emittieren Gammastrahlen. Die Gammastrahlen schlagen Neutronen aus einem von zehn Milliarden Goldkernen heraus. Dadurch wird der Goldkern instabil und zerfällt innerhalb von Tagen in Platin. Andere Gammastrahlen spalten Urankerne in einer Schicht hinter dem Gold in leichtere Elemente. Wieder andere sind so energiereich, daß sie Elektron-Positron-Paare erzeugen können. "Diese Effekte lagen bislang allein im Bereich der Möglichkeiten von Teilchenbeschleunigern", betont Cowan.

Wissenschaftler in Livermore werden Nova – bislang hauptsächlich für Experimente zur Untersuchung der Feinheiten von Kernwaffenexplosionen genutzt – demnächst abbauen, damit dieser im Mai Platz für die 192-strahlige National Ignition Facility machen kann. Bis dahin werden Physiker die Daten von Petawatt nach Hinweisen auf das Verhalten von sogenannten relativistischen Plasmen durchkämmen. Die Materie-Antimaterie-Reaktionen könnten außerdem Licht auf die energetische Dynamik von Gammastrahlenausbrüchen und aktiven Galaxien werfen.

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