Systematik: Alle Beuteltiere sind Amerikaner
Ob Beuteltiere in Australien groß wurden um auch Südamerika zu erobern oder umgekehrt, war bei Forscher lange heiß umstritten. Springende Gene erzählen die Geschichte nun ganz neu.
Es gibt zwar kaum etwas australischeres als Kängurus – trotzdem aber stammen die Ahnen der Beuteltiere gar nicht alle vom Fünften Kontinent, wie Wissenschaftler nun mit Genvergleichen herausgefunden haben. Damit kann ein alter Streit über die Herkunft der typischen Australofauna vielleicht endlich zu den Akten gelegt werden: Tatsächlich liegt die Urheimat aller Beutler demnach wohl in Südamerika, von wo aus später womöglich nur einmal eine Linie nach Australien übersiedelte. Die vielfältige Beutlergemeinschaft Australiens entwickelte sich dann nach und nach nur aus diesen Pionieren.
Im Zentrum der Beuteltierdebatte stand bisher die ungeklärte Verwandtschaft der heute noch lebenden südamerikanischen und australischen Vertreter der "Marsupialier". Nicht wenige Forscher hatten vermutet, dass die Gruppe vor etwa 130 Millionen Jahren aus einem gemeinsamen Vorfahren auf dem Gebiet des späteren Australiens entstanden war, dann aber getrennt wurde, als die amerikanische und australische Landmasse vor rund 80 Millionen Jahren auseinander driftete. Dieser Vorgang müsste sich anhand von Genanalysen nachvollziehen lassen, bei denen das Erbgut verschiedener Beuteltiere der Kontinente miteinander verglichen wird. Solche Untersuchungen der Gensequenzen aus Zellkernen und Mitochondrien waren bisher aber recht widersprüchlich ausgefallen.
Maria Nilsson von der Universität Münster und ihre Kollegen haben nun einen neuen, erweiterten Anlauf genommen. Sie konzentrierten sich dabei auf die Analyse von "springenden Genen", also von Retrotransposons in der DNA der Beuteltiere. Solche Retrotransposons springen mit Hilfe eigenen Kopier- und Ausschneidewerkzeuge in der DNA umher und hinterlassen dabei deutliche Spuren. In Beuteltieren, in denen sie einen vergleichsweise besonders hohen Anteil ausmachen, springen Retrotransposons sogar gelegentlich in andere Retrotransposons und schaffen damit eindeutig nachvollziehbare Charakteristika.
Das Team aus Münster hatte zunächst die gerade vollständig entzifferten Genome des südamerikanischen Opossums (Monodelphis domestica) und des Derbywallaby-Kängurus (Macropus eugenii) nach eben solchen Stellen durchsucht, in denen Retrotranspons in andere Retrotransposons hinein gesprungen sind. Die Tausenden dabei entdeckten Kandidatensequenzen gruppierten sie dann in solche, die nur bei Opossums oder Kängurus vorkommen oder bei beiden Arten. Dann durchmusterten sie die Genome von 20 weiteren der bislang vollständig sequenzierten Beuteltierspezies gezielt an 53 besonders aussagekräftigen Retrotransposon-Genorten. Am Ende konnten die Forscher sich so ein sehr detailliertes Bild von der dynamischen Entwicklungsgeschichte des gesamten Beuteltiergenoms machen – und viel genauer als zuvor nachvollziehen, wann sich welche Entwicklungslinien von anderen abgespaltet haben müssen.
Genau dieses unscheinbare und seltene Tierchen stand bislang im Zentrum des Streits der Beuteltierforschergemeinde: einige frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass das heute rein amerikanische Tier enger mit australischen als mit südamerikanischen Arten verwandt ist. Das war schwer zu erklären, wenn man annimmt, dass die Beutler in Australien entstanden sind. Denn dann hätten ja mindestens zweimal alte Beuteltier-Gründervätergruppen aus Australien über die einst bestehende Landbrücke Antarktikas nach Amerika gewandert sein müssen; eben die Ahnen der Chiloé-Beutelratte und die Ahnen aller anderen amerikanischen Marsupialia.
Der neue Retrotranspon-Stammbaum widerlegt dieses Szenario und macht das Bild erfrischend eindeutig: Alle Südamerika-Beutler sind älter als die heutigen Australier; und diese entstammen eindeutig dem recht späten Seitenzweig, der auch zu den Chiloé-Beutelratten geführt hat. Die Chiloé-Beutelratten sind also zwar tatsächlich näher verwandt mit den australischen Kängurus, Beutelteufeln und Nasenbeutler – tatsächlich sind aber nicht die Ahnen der Ersteren nach Südamerika, sondern die der Letztere aus Amerika nach Australien ausgewandert.
Die australischen Spezies bilden also eine monophyletische Gruppe, die von einer Linie abstammt, welche aus bisher ungeklärter Ursache in Südamerika verschwand und in Australien auftauchte – um dort sehr erfolgreich aufzublühen. Der Grund für dies alles wird übrigens noch gesucht. Wahrscheinlich kann selbst eine "plötzliche" Trennung der australischen und amerikanischen Landmassen – die während der Entstehungsgeschichte der Beuteltiere ja Millionen von Jahren lang als Gondwana-Superkontinent zusammenhingen – nicht als einzige Erklärung dafür herhalten, dass sich im späteren Australien nur eine der Beuteltierlinien durchsetzte.
Im Zentrum der Beuteltierdebatte stand bisher die ungeklärte Verwandtschaft der heute noch lebenden südamerikanischen und australischen Vertreter der "Marsupialier". Nicht wenige Forscher hatten vermutet, dass die Gruppe vor etwa 130 Millionen Jahren aus einem gemeinsamen Vorfahren auf dem Gebiet des späteren Australiens entstanden war, dann aber getrennt wurde, als die amerikanische und australische Landmasse vor rund 80 Millionen Jahren auseinander driftete. Dieser Vorgang müsste sich anhand von Genanalysen nachvollziehen lassen, bei denen das Erbgut verschiedener Beuteltiere der Kontinente miteinander verglichen wird. Solche Untersuchungen der Gensequenzen aus Zellkernen und Mitochondrien waren bisher aber recht widersprüchlich ausgefallen.
Maria Nilsson von der Universität Münster und ihre Kollegen haben nun einen neuen, erweiterten Anlauf genommen. Sie konzentrierten sich dabei auf die Analyse von "springenden Genen", also von Retrotransposons in der DNA der Beuteltiere. Solche Retrotransposons springen mit Hilfe eigenen Kopier- und Ausschneidewerkzeuge in der DNA umher und hinterlassen dabei deutliche Spuren. In Beuteltieren, in denen sie einen vergleichsweise besonders hohen Anteil ausmachen, springen Retrotransposons sogar gelegentlich in andere Retrotransposons und schaffen damit eindeutig nachvollziehbare Charakteristika.
Das Team aus Münster hatte zunächst die gerade vollständig entzifferten Genome des südamerikanischen Opossums (Monodelphis domestica) und des Derbywallaby-Kängurus (Macropus eugenii) nach eben solchen Stellen durchsucht, in denen Retrotranspons in andere Retrotransposons hinein gesprungen sind. Die Tausenden dabei entdeckten Kandidatensequenzen gruppierten sie dann in solche, die nur bei Opossums oder Kängurus vorkommen oder bei beiden Arten. Dann durchmusterten sie die Genome von 20 weiteren der bislang vollständig sequenzierten Beuteltierspezies gezielt an 53 besonders aussagekräftigen Retrotransposon-Genorten. Am Ende konnten die Forscher sich so ein sehr detailliertes Bild von der dynamischen Entwicklungsgeschichte des gesamten Beuteltiergenoms machen – und viel genauer als zuvor nachvollziehen, wann sich welche Entwicklungslinien von anderen abgespaltet haben müssen.
So wird nun klarer als zuvor, dass sich vom Beutlerhauptstamm zuerst die Linie der Beutelratten getrennt hat – also die Ahnen des heute in Südamerika heimischen Opossums. Danach entwickelten sich die ersten der heute ebenfalls ausschließlich amerikanischen Mausopposums und einer Gruppe, die in Südamerika heute nur noch von der der Chiloé-Beutelratte (Dromiciops glivroides) vertreten wird.
Genau dieses unscheinbare und seltene Tierchen stand bislang im Zentrum des Streits der Beuteltierforschergemeinde: einige frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass das heute rein amerikanische Tier enger mit australischen als mit südamerikanischen Arten verwandt ist. Das war schwer zu erklären, wenn man annimmt, dass die Beutler in Australien entstanden sind. Denn dann hätten ja mindestens zweimal alte Beuteltier-Gründervätergruppen aus Australien über die einst bestehende Landbrücke Antarktikas nach Amerika gewandert sein müssen; eben die Ahnen der Chiloé-Beutelratte und die Ahnen aller anderen amerikanischen Marsupialia.
Der neue Retrotranspon-Stammbaum widerlegt dieses Szenario und macht das Bild erfrischend eindeutig: Alle Südamerika-Beutler sind älter als die heutigen Australier; und diese entstammen eindeutig dem recht späten Seitenzweig, der auch zu den Chiloé-Beutelratten geführt hat. Die Chiloé-Beutelratten sind also zwar tatsächlich näher verwandt mit den australischen Kängurus, Beutelteufeln und Nasenbeutler – tatsächlich sind aber nicht die Ahnen der Ersteren nach Südamerika, sondern die der Letztere aus Amerika nach Australien ausgewandert.
Die australischen Spezies bilden also eine monophyletische Gruppe, die von einer Linie abstammt, welche aus bisher ungeklärter Ursache in Südamerika verschwand und in Australien auftauchte – um dort sehr erfolgreich aufzublühen. Der Grund für dies alles wird übrigens noch gesucht. Wahrscheinlich kann selbst eine "plötzliche" Trennung der australischen und amerikanischen Landmassen – die während der Entstehungsgeschichte der Beuteltiere ja Millionen von Jahren lang als Gondwana-Superkontinent zusammenhingen – nicht als einzige Erklärung dafür herhalten, dass sich im späteren Australien nur eine der Beuteltierlinien durchsetzte.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben