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Pathogene: Alle Jahre wieder - Ursache für Bienensterben gefunden?

Schon im vierten Jahr in Folge halten Schreckensmeldungen die Imker weltweit in Atem. Wie im letzten Monat bekannt wurde, hat auch diesen Winter die mysteriöse Bienenseuche Colony Collapse Disorder (CCD) ein Drittel aller Bienenvölker in den USA dahingerafft. Auch in Deutschland geht das Bienensterben um, wenngleich weniger dramatisch als in den USA.

Wissenschaftler stehen trotz aller Forschung vor einem Rätsel. Was genau mit den Tieren passiert, ist unklar. Sie verlassen den Stock, um nicht wieder zurückzukehren. Tote Bienen sind nirgends auszumachen, die Imker finden ihre Stöcke samt Königin, Larven, Honig und Pollen intakt vor – nur ohne Arbeitsbienen.

Als Ursache im Gespräch waren seither viele verschiedene Faktoren, darunter Pestizide, Handystrahlung oder auch die als Bienenschädling sattsam bekannte Varroa-Milbe. Im April 2009 meldeten spanische Forscher einen Erfolg: Sie behaupteten, den einzelligen Parasiten Nosema ceranae als Übeltäter identifiziert zu haben. Dieser Zusammenhang konnte allerdings in der Folge nicht bestätigt werden, dafür fanden Forscher bald darauf Indizien dafür, dass spezielle Viren am Niedergang der Kolonien beteiligt sind.

Auch ein gutes Jahr später geht das Sterben weiter, und ebenso die Suche nach der Ursache. Nun haben Forscher um den Mikrobiologen Jay Evans von der US-Landwirtschaftsbehörde (USDA) in Washington eine weitere Theorie in den Ring geworfen. In guter dialektischer Tradition führen sie die Vorschläge des Jahres 2009 zusammen. Demnach sterben die Bienen an einer verhängnisvollen Kombination von Nosema und einer Klasse von RNA-Viren.

Der Darmparasit Nosema schade der Biene dabei erst einmal nur mäßig, indem er die Nährstoffaufnahme über den Darm behindere und das Tier unter Ernährungsstress setze, sagt Jay Evans. In von CCD betroffenen Völkern komme der Parasit häufiger vor. Doch die Schädigung der Darmwand hat nach Ansicht der Forscher noch einen zweiten Effekt. Über das geschädigte Gewebe können Viren leichter in den Körper der Biene eindringen.

Tatsächlich fanden die Forscher, dass die Kombination von Nosema-Befall mit einer Infektion durch insektenspezifische RNA-Viren aus der Familie Dicistroviridae mit dem Kollaps der Kolonie korreliert ist. Die Forscher versuchten sogar, eine Kolonie versuchsweise zu infizieren und so künstlich das Bienensterben auszulösen. Allerdings erwies es sich nach Angaben der Forscher als zu kompliziert, die gesamte Kolonie kontrolliert mit den Pathogenen zu infizieren.

Die Forscher sind trotzdem zuversichtlich, auf der Basis ihrer Erkenntnisse eine Möglichkeit zur Bekämpfung der Seuche gefunden zu haben: Die Bienen vor Nosema zu schützen, könnte der Schlüssel sein, vermutet Evans. Andere Forscher sind allerdings noch nicht überzeugt, zumal die These, dass die Infektion mit den Pathogenen nur ein Symptom eines vorgeschädigten Immunsystems sei, noch lange nicht vom Tisch ist. Es ist also eher wahrscheinlich, dass auch im nächsten Winter wieder Bienen unter mysteriösen Umständen sterben – und Wissenschaftler anschließend mit einer neuen Hypothese an die Öffentlichkeit treten. (lf)

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