News: Alles dreht sich um den Spin
Seit einigen Jahren möchten Wissenschaftler nun diese zusätzlich vom Elektron bereitgestellte Information für elektronische Bauelemente nutzen. Denn herkömmliche Transistoren, RAM-Bausteine und Prozessoren werkeln alleine mit Ladungshäppchen und lassen den Spin dabei außer Acht. Dabei bietet er sich für digitale Informationsverarbeitung geradezu an, schließlich kennt auch das Bit genau zwei Zustände: "eins" oder "null".
Während es bei metallischen Schichtpaketen aus mehreren magnetischen und nicht-magnetischen Lagen schon gelang, den Spin zu nutzen – moderne Festplatten besitzen einen Lesekopf, der dadurch sehr sensibel auf Magnetfelder reagiert – gibt es bei ähnlichen Strukturen aus Halbleitern noch vielerlei Schwierigkeiten. Zum Beispiel lassen sich Elektronenspins nur schlecht von einem Halbleiter in einen anderen übertragen, vielfach geht die ursprüngliche Information verloren. Da aber heute nahezu alle elektronischen Bauelemente aus Halbleitermaterialien aufgebaut sind, ist es äußerst wichtig, diesen Spintransport effizient zu bewerkstelligen.
Das gelang bereits zum Teil dadurch, dass Forscher ihre Experimente bei sehr tiefen Temperaturen nur einige Grad Celsius über dem absoluten Nullpunkt durchführten oder dass sie Elektronen von einer kleinen Spitze in ein anderes Material tunneln ließen. Für eine zukünftige Spinelektronik erscheinen diese Ansätze jedoch wenig praktikabel.
Irina Malajovich und ihren Kollegen von der University of California in Santa Barbara (UCSB) und der Pennsylvania State University verwendeten nun einen anderen Trick: ein elektrisches Feld. Die Forscher nutzten den Halbleiter Galliumarsenid als Reservoir für Spins, die durch ein äußeres Magnetfeld ausgerichtet waren. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes gelang es nun, einen Teil der Elektronen aus dem Galliumarsenid in einen benachbarten Halbleiter – Zinkselenid – zu saugen. David Awschalom, Leiter des Center for Spintronics und Quantum Computation an der UCSB, erstaunte nicht nur, dass die Spins ihre Ausrichtung behielten, sondern dass sie das auch selbst bei höheren Temperaturen taten – teilweise sogar bei Raumtemperatur.
Erstaunlich war außerdem, dass die Spins in der zweiten Halbleiterschicht offensichtlich dieselbe Lebensdauer hatten, als wären sie in der ersten geblieben. Ein derartiges Verhalten ließ sich bislang noch nicht beobachten.
In einem Gespräch über die Ergebnisse schlug Herbert Kroemer, ebenfalls von der UCSB, Awschalom vor, das Experiment mit zwei Halbleitern unterschiedlicher Dotierung durchzuführen. Im ursprünglichen Versuch handelte es sich nämlich sowohl bei Galliumarsenid als auch bei Zinkselenid um zwei so genannte n-dotierte Halbleiter, das heißt, Halbleiter bei denen ein Überschuss an Elektronen vorhanden ist. Im Gegensatz dazu haben p-dotierte Halbleiter einen Überschuss an Löchern. Kroemer vermutete, dass das Feld, das im Übergangsbereich zwischen n- und p-dotiertem Bereich herrscht, für einen effektiven Spintransport ausreichen könnte. Malajovich wiederholte also das Experiment mit der neuen Vorgabe.
Awschalom erinnert sich: "Zu meiner Überraschung funktionierte das sehr gut. Anstelle ein externes Feld anzulegen, um die Elektronen von einem Material ins andere zu bewegen, konnten wir ein internes Feld herstellen, indem wir zwei unterschiedliche Halbleiterschichten zusammenbrachten. Es funktionierte nicht nur, der Effekt war sogar noch stärker."
Außerdem bildet dieser so genannte p-n-Übergang zwischen den unterschiedlich dotierten Halbleiterbereichen das Herzstück eines jeden Transistors. Awschalom hofft nun, dass ein Spintransistor nicht mehr lange auf sich warten lässt. Die Puzzelstücke sind offenbar aufgedeckt, jetzt muss sich nur noch jemand finden, der sie richtig zusammensetzt.
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