Kosmologie: Alles gleich im Universum
Schaut man sich in der unmittelbaren galaktischen Nachbarschaft um, mag man es kaum glauben, aber: Eigentlich ist unser Universum sowohl homogen als auch isotrop. Das bedeutet, dass das Universum von jeder Richtung aus betrachtet gleich aussieht und auch gleich ist – Strukturen wie Galaxien sind lediglich kleine Störungen dieser Homogenität. Das zumindest besagt die derzeitige Standardtheorie der Kosmologie, das ΛCDM-Modell. Ein Team um die Wissenschaftlerin Morag Scrimgeour von der Universität West-Australien in Perth hat nun in einem im Fachjournal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" eine Studie beschrieben, in der es diese Theorie überprüft und bestätigt hat.
Das ΛCDM-Modell sagt voraus, dass das Universum in großem Maßstab glatt ist und keine Strukturen aufweist, das heißt, dass alle Materie gleich verteilt ist. Für kleinere Größenmaßstäbe trifft dies natürlich nicht zu: Planeten kreisen um einen Stern, der wiederum Teil einer Galaxie ist und letztere bildet einen Haufen mit anderen Galaxien, so wie unsere Milchstraße sich in ihrer Lokalen Gruppe befindet. Und auch die einzelnen Galaxienhaufen bilden einen Verband mit anderen Galaxienhaufen, einen Superhaufen. Diese Superhaufen sind die größten erkennbaren Strukturen im Universum – danach ist Schluss, oder sollte zumindest Schluss sein, wenn man Einsteins Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie und dem ΛCDM-Modell folgt.
Es gibt allerdings auch andere theoretische Ansätze, nach denen das Universum niemals homogen, sondern die Häufung von Strukturen fortgesetzt wird. Es wäre also vergleichbar mit Fraktalen; Fraktale sind Gebilde wie die Mandelbrot-Figuren oder wie Schneeflocken, in denen sich die Form vom Kleinen bis ins Große fortsetzt und niemals glatt wird. Träfe dies zu, so wären die Auswirkungen auf unser Verständnis des Universums immens: Zum Beispiel müsste man für die beobachtete beschleunigte Ausdehnung des Universums die Erklärung der Dunklen Energie als Verursacher modifizieren.
Allerdings wurde die Homogenität des Universums bereits zuvor experimentell bestätigt, zum Beispiel über die Analyse der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung. Diese Strahlung ist ein Überbleibsel des Urknalls und durchdringt das gesamte Universum. Messungen haben ergeben, dass sie isotrop ist und dass damit zumindest das junge Universum homogen war.
Daraus lässt sich aber nicht automatisch auf eine gegenwärtige Gleichverteilung schließen. Deshalb haben Scrimgeour und ihre Kollegen die Verteilung von Galaxien auf großen Größenskalen untersucht. Mit dem Anglo-Australian Telescope in Australien wurde die WiggleZ Himmelsdurchmusterung durchgeführt. Dabei wurden mehr als 200 000 Galaxien vermessen, in einem Würfel mit einer Kantenlänge von rund drei Milliarden Lichtjahren.
Anschließend untersuchten die Forscher die Verteilung dieser Galaxien, um herauszufinden, ob das Universum eine fraktalähnliche Struktur aufweist. Das Ergebnis: Ab einer Größenskala von 350 Millionen Lichtjahren ist alle Materie annähernd gleich verteilt. Große Strukturen sind nicht mehr zu erkennen. Das lässt darauf schließen, dass das Universum tatsächlich sowohl homogen als auch isotrop ist und dass der Übergang von der Haufenstruktur zur Homogenität bei einer Größenordnung von 350 Millionen Lichtjahren stattfindet. Das ΛCDM-Modell wurde mit dieser Analyse also bestätigt – und unser Universum ist, im Großen und Ganzen betrachtet, überall gleich.
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